Das Präsidium verabschiedete auf dem Bundesjägertag 2017 in Rostock-Warnemünde die Grundsatzposition des DJV. Jäger müssen in der Zukunft noch stärkere Mittler zwischen Natur und Menschen werden.
Präambel
Zivilisation und Gesellschaft unterliegen einem permanenten Wandel. Auch die Jagd, die die gesamte menschliche Entwicklung als „Urhandwerk“ begleitet hat, ist dabei vielerlei Wandlungen unterworfen. Einstmals vorrangig auf den Nahrungserwerb konzentriert, kamen im Verlaufe der Jahrhunderte immer neue Funktionen – wie unter anderem der Schutz vor wilden Tieren und vor Wildschäden – hinzu. Die Jäger mussten sich dabei stets auch den Herausforderungen ihrer Umwelt und der Gesellschaft stellen.
Jagd und Jäger stehen in der Mitte der Gesellschaft. Sie müssen den sich immer rascher vollziehenden Wandel in der Umwelt und im gesellschaftlichen Umfeld in ihrem Handeln berücksichtigen. So gehören plötzlich Arten, die noch vor wenigen Jahren annähernd verschwunden waren, zu den Gewinnern von Veränderungen, während andere Arten als Verlierer immer stärker bedroht sind. Bestandsveränderungen und Lebensraumverschiebungen führen dabei zu völlig neuen Herausforderungen für die Jagd. Tierarten wie der Wolf, der Biber oder viele sogenannte „invasive Arten“ erfordern heute eine differenzierte jagdliche Behandlung. Die Rückkehrer brauchen eine Begleitung und Bestandsüberwachung durch die Jägerschaft und die invasiven Arten müssen im Falle der Bedrohung der Artenvielfalt oder anderer negativer Auswirkungen zurückgedrängt werden.
Diesen Herausforderungen stehen jedoch zutiefst widersprüchliche gesellschaftliche Entwicklungen gegenüber. So werden Jagd und Jäger mit einer rasant fortschreitenden Naturentfremdung einer immer stärker urbanisierten Bevölkerung konfrontiert. Parallel dazu wächst in der Gesellschaft unverkennbar eine oftmals romantisierende Sehnsucht nach dem Landleben in vermeintlich ungenutzter Natur. Einher geht diese Entwicklung mit dem Schwinden der Kenntnis und des Verständnisses der Zusammenhänge von Natur und deren Nutzung. Auf diese Weise entfernt sich die Gesellschaft immer mehr von der Natur. In dieser Situation sieht sich die Jägerschaft in einer besonderen Verpflichtung, dieser Entfremdung durch Natur- und Umweltbildung sowie Öffentlichkeitsarbeit entgegenzuwirken.
Die Jägerinnen und Jäger der Zukunft werden in deutlich stärkerem Maße als bislang Mittler zwischen Natur und Mensch sein müssen. Dazu gehören der Wille, sich dieser Herausforderung zu stellen, die Offenheit, sich selbst zu hinterfragen und weiterzuentwickeln und der Anspruch, die Zivilgesellschaft in den ländlichen wie in den urbanen Räumen als Partner zu begreifen. Diese partnerschaftliche Einstellung erwartet die Jägerschaft umgekehrt auch von der Gesellschaft. Hierfür sollte der offene Dialog mit anderen gesellschaftlichen Gruppen gefördert werden.
Grundlagen
Gegenstand der Jagd
Jagd ist tiefes Erleben der Natur. Aus der Freude an ihrem Tun schöpfen Jägerinnen und Jäger die Motivation, sich mit Herz und Verstand – unter Aufwendung teils erheblicher, auch finanzieller, Mittel – für Tiere und deren Lebensräume einzusetzen.
Jagd ist die natürliche und nachhaltige Nutzung des Wildbestandes (etwa durch Verzehr oder die Herstellung von Bekleidung oder Schmuck). Sie dient hierbei auch dem Artenschutz und der Biodiversität, der Verhinderung von Wildschäden in der Land- und Forstwirtschaft, der Bekämpfung und Vorbeugung von Tierseuchen sowie der Reduzierung der Gefahren von Wildunfällen. Die Jägerschaft nimmt verantwortungsvolle Aufgaben auf eigene Kosten im öffentlichen Interesse wahr.
Jagd ist zugleich ein Handwerk, das auf einer ethisch gut begründeten Basis – der Weidgerechtigkeit* – beruht. Sie ist Bestandteil unseres kulturellen Erbes und findet sich in bildender Kunst, Musik und Literatur wieder.
Ein wesentlicher Bestandteil der Jagd ist die Hege. Ihre Ziele sind ein artenreicher und gesunder Wildbestand sowie die Erhaltung, Verbesserung, Schaffung und Wiederherstellung der Lebensräume des Wildes. Die Hegepflicht hat sich den dynamischen Prozessen in der Natur ständig anzupassen. Hierzu gehört es, sowohl bei gefährdeten oder spezialisierten Arten (Verlierer der Kulturlandschaft) bestandsunterstützend zu wirken, aber auch bei anderen, anpassungsfähigeren Arten (Gewinnern der Kulturlandschaft) den Bestand auf einem vertretbaren Maß zu halten. Die Hegepflicht gilt nicht nur für den Jagdausübungsberechtigten, sondern auch für den Jagdrechtsinhaber, also den Grundeigentümer. Die Hege schließt die intensive Bejagung zum Erhalt der Artenvielfalt ein. Lebensraumverbesserung und die Bejagung von Beutegreifern kommen nicht nur jagdlich nutzbaren Arten zu Gute, sondern sie dienen der Förderung der Biodiversität im Allgemeinen.
Jagd und Eigentum
Die Jagd ist untrennbarer Bestandteil der Handlungsfreiheit und des Eigentums, geschützt über die Artikel 2 und 14 des Grundgesetzes. Das Jagdrecht und das Jagdausübungsrecht genießen damit grundrechtlichen Schutz. Insoweit bedarf jegliche Einschränkung stets einer sachlichen Rechtfertigung unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.
Aus dem Eigentum folgt zudem, dass grundsätzlich niemand anderem als dem Eigentümer und Jagdrechtsinhaber oder dem Jagdausübungsberechtigten ein Aneignungsrecht an wildlebenden Tieren zusteht. Aus dem Eigentum und der damit verbundenen Verpflichtung für die Umwelt sowie für folgende Generationen resultiert zudem der Grundsatz der Eigenverantwortung. Eigentum und Handlungsfreiheit verpflichten letztlich zur Wahrnehmung der Verantwortung für künftige Generationen, für das Allgemeinwohl, für den Natur- und Artenschutz und die nachhaltige Nutzung.
* Die Schreibweisen „ai“ oder „ei“ sind beide gebräuchlich.
Jagd und Qualifikation
Bevor Jägerinnen und Jäger tätig werden dürfen, müssen sie sich einer umfassenden und praxisgerechten Ausbildung sowie einer staatlichen Prüfung unterziehen. Sie müssen dabei umfangreiche Kenntnisse der Tierarten, der Wildbiologie, der Ökologie, der Wildhege, des Jagdbetriebes, der Wildschadensverhütung, des Land- und Waldbaus, der Waffenkunde, des Jagdhundewesens, der Lebensmittelhygiene sowie des Jagd-, Tierschutz- und Naturschutzrechtes nachweisen.
Jägerinnen und Jäger unterliegen einer behördlichen Kontrolle ihrer jagd- und waffenrechtlichen Zuverlässigkeit und Eignung.
Die Jägerschaft ist in Verbindung mit dem bewährten Reviersystem die einzig flächendeckend organisierte Gruppierung, die auf Basis staatlich geprüfter und nachgewiesener Qualifikation in Wildtierbestände eingreifen darf. Jägerinnen und Jäger verfügen gleichzeitig über ein breites Wissen über deren Lebensräume und die in unserer Kulturlandschaft bestehenden Nutzungsformen. Darüber hinaus besteht ein breites Fortbildungsangebot der Jägerschaft.
Jagd und Natur- und Artenschutz
Jagd und Naturschutz sind untrennbar miteinander verbunden und bedingen einander. Die Jagd führt auf Grund des Prinzips „Schutz durch Nutzung“ zu einem Gewinn für den Natur- und Artenschutz.
Eine nachhaltige jagdliche Nutzung setzt geeignete und intakte Lebensräume voraus. Die Jägerschaft hat schon deshalb ein großes Interesse daran, diese zu erhalten, zu pflegen und wiederherzustellen.
In Zusammenarbeit mit Grundeigentümern und Bewirtschaftern setzen sich Jägerinnen und Jäger mit ihrer Kompetenz flächendeckend für die Natur ein. Die Jagd ist damit für einen angepassten Naturschutz unverzichtbar. Wo zeitlich und örtlich ein strenger Schutz von Arten geboten ist, dürfen dann, wenn entsprechende Bestandsziele erreicht sind, eine angemessene jagdliche Nutzung bzw. weitergehende Maßnahmen nicht ausgeschlossen werden. Jägerinnen und Jäger kooperieren dabei auch mit Behörden und mit nichtjagenden Naturschützern.
Zu einem zukunftsfähigen Naturschutz gehört, dass alle Maßnahmen regelmäßig überprüft, neu bewertet und ggf. angepasst werden.
Jagd und Tierschutz
Der Tierschutz hat auch für die Jagd einen vorrangigen Stellenwert. Er ist wesentlicher Bestandteil der Grundsätze der Weidgerechtigkeit, die die ethischen Grundlagen der modernen Jagd bilden. Dazu zählen insbesondere die Achtung vor dem Mitmenschen, vor dem Mitgeschöpf und vor der Umwelt. Die Einhaltung des Tierschutzes gehört zum Selbstverständnis der Jägerschaft, auch über die gesetzlichen Bestimmungen hinaus. Die weidgerechte Jagd ist tierschutzgerecht und stellt einen vernünftigen Grund im Sinne des Tierschutzgesetzes dar.
Tierschutz darf nicht im Sinne von „Tierrechten“ verstanden werden. Für die Übertragung menschlicher Maßstäbe auf wildlebende Tiere gibt es keinen plausiblen und fachlichen Grund. Der Tod von Lebewesen ist ein wesentliches Element der Natur. Im Gegensatz zu dem Töten durch Beutegreifer erlegen Jägerinnen und Jäger Wild mit dem Anspruch des schnellen und tierschutzgerechten Tötens und das selbstverständlich unter Beachtung des Elterntierschutzes.
Einzelfragen
Artenkatalog
Der Katalog der dem Jagdrecht unterliegenden Tierarten ist nicht nur beizubehalten, sondern auszuweiten. Die Tierarten im Artenkatalog unterliegen der gesetzlichen Hegepflicht. Durch die Ausweitung profitieren weitere Arten von dem strengeren und damit besseren Schutz im Vergleich zum Naturschutzrecht.
Dem Jagdrecht unterstellt werden müssen alle wildlebenden Säugetier- und Vogelarten, deren nachhaltige Nutzung möglich oder deren Regulierung durch die Jägerschaft möglich und notwendig ist. Dies dient insbesondere der Vermeidung von Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes, der land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung, gesellschaftlicher Konflikte und der Prävention von Tierseuchen, sowie dem Schutz anderer Arten, deren Bestand durch Jagdrechtsinhaber und Jäger gefördert werden kann. Jägerinnen und Jäger leisten zum Schutz von Wildtieren, zur Hege und zum Wildtiermonitoring einen besonderen Beitrag.
Im Ergebnis gehören alle Arten ins Jagdrecht, die genutzt werden können, die im Rahmen der Hegeverpflichtung mit jagdlichen Mitteln zu reduzieren sind oder im Rahmen des Jagdrechts gefördert werden müssen.
Insbesondere der Artenkatalog ist Ausdruck des grundrechtlichen Schutzes der Jagd. Wegen dieses grundrechtlichen Schutzes bedürfen Eingriffe stets eines sachlichen Grundes und müssen verhältnismäßig sein. Eine ganzjährige Schonzeit stellt dabei stets ein milderes Mittel dar als die vollständige Streichung aus dem Artenkatalog.
Invasive Arten
Die Eindämmung invasiver Arten (z.B. Waschbär, Marderhund und Nilgans) ist eine gesamtgesellschaftliche und damit öffentliche Aufgabe, an der die Jagdausübungsberechtigten im Rahmen ihrer jagdlichen Möglichkeiten mitwirken. Dabei ist es unverzichtbar, dass das erforderliche Instrumentarium zur Verfügung steht, soweit es um die Eindämmung geht (insbesondere geeignete Fallen, keine Jagdruhe in Schutzgebieten, ausreichend lange Jagdzeiten, staatliche Förderungen). Allerdings hat auch bei einer stärkeren Bestandseindämmung invasiver Arten der Elterntierschutz uneingeschränkt zu gelten.
Reviersystem und Jagdnutzung
Das in Deutschland geltende Reviersystem hat sich als Instrument der Sicherung der Nachhaltigkeit der Jagd und des Ausgleichs der unterschiedlichen Interessen bewährt.
Langfristige Jagdpachtverträge sind Garant für die Umsetzung der Hegepflicht, für die nachhaltige Nutzung der Wildbestände und für die Sicherung der biologischen Vielfalt. Eine reduzierte Mindestpachtdauer hingegen verhindert ökologisch sinnvolles Wildtier- und Biotopmanagement sowie langfristig angelegte Maßnahmen zur Lebensraumverbesserung und birgt zudem die Gefahr der Kommerzialisierung der Jagd zu Lasten der Tierwelt und des Naturschutzes.
Auf Grund der Tatsache, dass sich im Rahmen der gesellschaftlichen Entwicklung verschiedene Faktoren (wie etwa eine erhöhte Mobilität im Berufsleben etc.) geändert haben, sollte jedoch eine Flexibilisierung der Mindestpachtzeiten – allerdings nur anhand bestimmter Kriterien (Entwicklung der Wildschadenssituation, Agrarstruktur, Bebauung etc.) – gesetzlich ermöglicht werden.
Nach § 6 a BJG ist ein Grundstückseigentümer aus ethischen Gründen berechtigt, als Zwangsmitglied aus der Jagdgenossenschaft auszutreten. Ein Missbrauch dieses Rechtes muss ausgeschlossen werden. Ebenso darf es keine Ausweitung auf juristische Personen geben, da sie kein individuelles persönliches Gewissen haben können.
Jagdarten und -methoden
Jagdarten und -methoden müssen flexibel angewandt und entsprechend den jagdlichen Verhältnissen unter Beachtung des Tierschutzes weiter entwickelt werden.
Um die Jagd tierschutzgerecht und revierangepasst zu ermöglichen, muss ein gewisses Spektrum an weidgerechten Jagdarten und -methoden zur Verfügung stehen. Dazu gehören insbesondere eine uneingeschränkte Bau- und Fangjagd sowie die Einzel- und die Gesellschaftsjagd. Jägerinnen und Jäger sind für die Durchführung einer effektiven und tierschutzgerechten Jagd auf ihre Jagdwaffen angewiesen.
Die eingesetzten Jagdmethoden können sich von Revier zu Revier unterscheiden. Die Entscheidung, welche Methoden wann und wo eingesetzt werden, bleibt dem verantwortlichen Revierinhaber überlassen. Dabei geben das Jagd- und Waffenrecht den Rahmen für den Einsatz möglicher Mittel und Methoden vor. Es wird nicht verkannt, dass dabei Tierschutz und Effizienz in einem gewissen Spannungsverhältnis stehen können. Bei der Jagd hat allerdings der Tierschutz Vorrang vor dem unbedingten Jagderfolg.
Jagdzeiten
Die Bejagung hat sich regional und zeitlich an den Kriterien der Hegeverpflichtung zu orientieren. Grundsätzlich muss jede Art bejagt werden dürfen, deren Bestand es zulässt.
Gründe für eine Schonzeit sind in erster Linie Brut-, Setz- und Aufzuchtzeiten. Eine Aufweichung des Elterntierschutzes darf es generell und auch für invasive Arten nicht geben.
Bei Vögeln darf nicht der Brutbestand als Basis für eine nachhaltige Nutzung allein als Kriterium für eine Bejagung herangezogen werden. Ausschlaggebend sind insoweit allein der Bestand zur Jagdzeit (Zuzug im Herbst und Winter) und die Bestandssituation im eurasischen Raum.
Die Gestaltungsmöglichkeiten für eine auch im Rahmen der europäischen Naturschutzrichtlinien zulässige Bejagung sind im Jagdrecht stärker zu nutzen (z. B. Festlegung von Quoten oder Einzelfreigaben nicht nur zur Schadensabwehr, sondern auch zur Nutzung von Vogelarten des Anhangs I der Vogel-Richtlinie und Säugetierarten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie).
Wildtiermanagement und -monitoring
Jagd und Wildtiermanagement stellen keine Gegensätze dar – im Gegenteil: Jagd ist einerseits unverzichtbarer Teil des Wildtiermanagements und geht andererseits als gesellschaftlicher Auftrag mit jagdrechtlichen Befugnissen und Pflichten darüber hinaus. Zum Wildtiermanagement gehören insbesondere die Wildforschung, das Wildtiermonitoring (bezüglich der Wildtierarten und deren Lebensräume), das Erstellen und Umsetzen von Fachkonzepten und Fachplänen sowie Information und Beratung der Bevölkerung in Fragen des Umgangs mit Wildtieren. Wildtiermanagement ist eine öffentliche Aufgabe. Jagd und Hege leisten wesentliche Beiträge zum Wildtiermanagement und liegen somit im öffentlichen Interesse. Wildtiermanagement balanciert dabei die unterschiedlichen – öffentlichen und privaten – Ansprüche und Interessen aus und ergänzt die private, eigentumsbasierte Jagd dort, wo es nötig ist.
Wildtiermanagement kann dabei die Hege nicht ersetzen, aber sinnvoll ergänzen, etwa durch Schaffung von Wildruhezonen. Auch hier liegt die Verantwortung für die einzelnen Maßnahmen in erster Linie bei den Jagdausübungsberechtigten.
Die Jagd stellt sich der Herausforderung, dass sachliche Entscheidungen über Wildtiere und deren Lebensräume auf einer fundierten Datengrundlage zu treffen sind. Daher sind die Initiierung sowie die Beteiligung am Arten- und Lebensraummonitoring für die Jägerschaft Verpflichtung, gesellschaftliche Aufgabe und ethischer Auftrag zugleich. Insoweit belassen es Jägerinnen und Jäger aber nicht nur bei der Datenerhebung, sondern bringen ihre Expertise auch in die Ableitung von Schlussfolgerungen und Handlungsnotwendigkeiten ein. Entscheidungen über den Umgang mit Wildtieren und deren praktischer Vollzug dürfen nur zusammen mit der Jägerschaft getroffen werden.
Hegegemeinschaften
Bei der Hege kommt es künftig vermehrt auf die Koordination und Vernetzung der Beteiligten an. Den Hegegemeinschaften wird deshalb eine stärkere Rolle als bisher zukommen. Beispiele sind die großräumige Wildbewirtschaftung, die Lebensraumgestaltung einschließlich der Wildschadensvermeidung, die Fütterung, die Beteiligung an öffentlichen Planungsvorhaben, das Prädatorenmanagement, die Besucherlenkung, Maßnahmen gegen invasive Arten und die Umsetzung großräumiger Managementmaßnahmen und Pläne, insbesondere bei geschützten Arten.
Wesentlich für die Hegegemeinschaften ist dabei ebenfalls der Grundsatz der Eigenverantwortung. Die Gründung von und die Mitgliedschaft in Hegegemeinschaften sollen grundsätzlich auf freiwilliger Basis erfolgen. Eine Einbindung von Hegegemeinschaften in bestehende Verbandsstrukturen (Kreisgruppe, Hegeringe) ist dabei sinnvoll.
Fütterung
Die Fütterung von Wildtieren muss möglich bleiben. Sie ist in unserer Kulturlandschaft schon wegen der Lebensraumzerschneidung erforderlich. Gründe für eine Fütterung sind darüber hinaus Wildschadensverhütung, Wildlenkung und Tierschutz. Wildtiere in winterlichen Notzeiten verhungern zu lassen gehört nicht zu unserer Kultur. Dies wäre eine Abkehr von einem verantwortlichen Umgang mit Wildtieren, dem sich Jäger und Grundeigentümer verpflichtet fühlen. Eine fachgerechte und angemessene Wildfütterung hat keine negativen Auswirkungen auf die Biodiversität. Ein vollkommenes Fütterungsverbot in der Kulturlandschaft widerspricht zudem dem Tierschutzgedanken. Jede Fütterung muss aber den örtlichen Verhältnissen und den physiologischen Bedürfnissen der jeweiligen Wildart angepasst sein.
Jagd in Schutzgebieten
Auch in Schutzgebieten ist und bleibt die Jagd grundsätzlich erforderlich. Für eine Einschränkung bedarf es auch in diesen Gebieten besonderer fachlicher Gründe. In vielen Schutzgebieten findet bis heute ein Prädatorenmanagement (insbesondere in Bezug auf die Ausbreitung invasiver Arten) überhaupt nicht statt. Auch vermehrt sich das heimische Schwarzwild oft unvertretbar stark und führt zu vielerlei Beeinträchtigungen auch außerhalb von Schutzgebieten. Einschränkungen der Jagdausübung in Schutzgebieten sind ausschließlich nach dem Schutzweck denkbar, müssen aber nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auf ein Mindestmaß beschränkt bleiben und zum Erreichen des Schutzzweckes erforderlich sein.
Bei der Einrichtung von Schutzgebieten sowie bei der Planung und Abstimmung der erforderlichen Maßnahmen sind die Jagdausübungsberechtigten zuvor einzubeziehen. Unberechtigte Einschränkungen der Jagdausübung fördern nicht die Biodiversität und Artenvielfalt, sondern verhindern sie.
Jagdhunde
Für die Ausübung der Jagd sind brauchbare Jagdhunde aus Gründen des Tierschutzes unverzichtbar und deshalb gesetzlich vorgeschrieben. Dazu gehört auch die tierschutzgerecht durchgeführte Ausbildung an (bzw. hinter) lebendem Wild.
Die Nachsuche mit einem gut ausgebildeten, brauchbaren Jagdhund ist aus Tierschutzgründen zwingend erforderlich. Die bestehenden landesrechtlichen Regelungen dazu sind weitgehend ausreichend. Sie sehen oft auch den Abschluss von Wildfolgevereinbarungen zwischen Reviernachbarn vor. Dies ist als eigenverantwortliche Regelung zwischen den Betroffenen einer gesetzlichen Regelung vorzuziehen, solange sichergestellt ist, dass dem Tierschutz dabei ausreichend Beachtung geschenkt wird.
In vielen Bundesländern dürfen anerkannte Nachsuchengespanne auch ohne vorherige Information des Revierinhabers Reviergrenzen überschreiten. Auch dies ist sinnvoll, weil es dem Tierschutz dient.
Wildschäden
Festzuhalten ist, dass nicht alles, was Wild in Wald und Flur nutzt, einen Wildschaden, beziehungsweise einen ersatzpflichtigen Wildschaden, darstellt. Dies deshalb, weil Feld und Wald auch Lebens- und damit Nahrungsraum des Wildes sind. Der Grundsatz des Wildschadensersatzes durch die Solidargemeinschaft der Jagdgenossenschaft hat sich im Wesentlichen bewährt.
Allerdings haben sich seit Inkrafttreten des Bundesjagdgesetzes die Verhältnisse in der Landwirtschaft durch die Weiterentwicklung von Technik, Pflanzenschutz, Düngung, Anbaumethoden sowie Art und Umfang der angebauten Feldfrüchte stark verändert. Hinzu kommen veränderte Klimabedingungen, die Einflüsse des Großraubwildes (z.B. Wolf) und eine starke Zunahme von Freizeitaktivitäten (auch nachts) in der Natur.
Die Zahl der nichtverpachteten Reviere steigt insbesondere wegen des Wildschadensersatzrisikos stetig an. Daher ist es nachvollziehbar, dass zunehmend alternative Modelle angewandt werden, wie z. B. eine Herausnahme bestimmter Kulturen aus der Haftung oder Beschränkung des Schadensumfanges (Quote). Hier ermöglicht es die Vertragsautonomie, weitere kreative Lösungen im gegenseitigen Interesse zu finden.
In der Praxis sollte unabhängig vom Schadensersatz die Vermeidung von Wildschäden Vorrang haben. Dabei sind bei der Verhütung von Wildschäden Grundeigentümer und Bewirtschafter ebenso in die Verantwortung zu nehmen wie die Jagdausübungsberechtigten.
Download: DJV Grundsatzposition