Vogelwarten: Ringfunde melden!

Werden beringte Gänse oder Enten erlegt, liefern die Daten der Vogelringe wichtige Erkenntnisse, beispielsweise über ihr Zugverhalten. Erfolgt diese Weitergabe von Ringdaten an die zuständigen Vogelwarten nicht, gehen viele wertvolle Informationen unnötigerweise verloren. Der DJV ruft dazu auf, Ringfunde konsequent zu melden und verweist auf seine aktualisierte Empfehlung zur Jagd auf Wildgänse.

Simon Hinrichs ist ehrenamtlicher Beringer der Vogelwarte Helgoland Quelle: Hinrichs/DJV

Im Jagdjahr 2016/2017 wurden deutschlandweit knapp 95.000 Wildgänse und circa 318.000 Wildenten im Rahmen ihrer nachhaltigen Nutzung oder zur Wildschadensabwehr erlegt. Darunter finden sich bisweilen Exemplare, die den Ring einer Vogelwarte tragen. Die Informationen, die mit den Vogelringen verbunden sind, lassen beispielsweise Rückschlüsse über das Zugverhalten und Zugwege oder auch die Ortstreue von Brutpaaren zu. Zur guten fachlichen Praxis bei der Bejagung von Wasserwild wie Graugans oder der invasiven Nilgans gehört, dass die Ringdaten an die für das jeweilige Bundesland zuständige Vogelwarte gemeldet werden. Hierdurch lassen sich für die Jagd relevante Entwicklungen einzelner Wildvogelbestände ableiten. Der Deutsche Jagdverband (DJV) klärt im Interview mit Simon Hinrichs, einem ehrenamtlichen Beringer der Vogelwarte Helgoland, welche Bedeutung die Ringe für die Forschung haben und wie man Funde meldet.

DJV: Herr Hinrichs- wie haben wir uns die Arbeit eines ehrenamtlichen Beringers vorzustellen?

Simon Hinrichs: Ehrenamtliche Beringer markieren in ihrer Freizeit Vögel zu wissenschaftlichen Zwecken im Auftrag der Vogelwarte. Je nach Art und Projekt werden Vögel im Frühling und Sommer als Küken bzw. Jungvögel beringt oder im Herbst und Winter auf dem Zug bzw. während der Rast. Je nach Urlaub, Chef oder Familie gibt es größere oder kleinere Projekte, da wir größtenteils in unserer Freizeit forschen. Regelmäßig müssen bei der Vogelwarte Nachweise über Fortbildungen und / oder entsprechende Seminare erbracht werden.

Welche Informationen gehen aus den Ringen hervor?

Bei jeder Beringung werden Informationen über den Vogel erfasst wie zum Beispiel Art, Datum, Ort, Alter, ggf. Status, Gewicht, Körpermaße, Eltern, Geschwister. Ein Ring ist praktisch wie ein Personalausweis für den Vogel. Wird ein beringter Vogel gemeldet, wird dieser Fund in die Datenbank der Vogelwarte eingetragen. So erhält man beispielsweise Kenntnisse über das Alter, Zugrouten oder Rastplätze einzelner Arten. Einige Vogelarten erhalten neben dem Metallring der Vogelwarte einen zusätzlichen Farbring. Dieser ermöglicht eine bessere Identifikation im Feld, ohne dass der Vogel wieder gefangen werden muss. So entsteht nach und nach ein Lebenslauf des Vogels und man erhält im besten Fall Informationen über das Vorkommen der Art, Zugrouten, Verpaarungen, Überlebensraten oder Ansiedlungen.

Sie sagen, dass Sie Rückmeldungen zu Wiederfunden nur sporadisch und nicht flächendeckend erhalten. Wo sehen Sie die lokalen Defizite? Wo läuft es vorbildlich? 

Als Hamburger Wasservogelberinger kann ich natürlich nur für diese Region und einzelne Arten sprechen. Eigentlich gehört es zum guten Ton, erlegte Vögel mit Ringen zu melden. Hinter jeder Beringung steckt in der Regel viel (ehrenamtliche) Arbeit. Viele Jäger melden erfreulicherweise die beringten Vögel und leisten so einen wichtigen Beitrag zur Forschung. Wird ein Ring nicht gemeldet, gehen viele wertvolle Daten und interessante Geschichten verloren. Ebenso erhält der Jäger keine Informationen über sein erlegtes Wild. In Hamburg werden regelmäßig Stockenten, Grau- und Kanadagänse beringt. Viele interessante Wiederfunde aus dem In- und Ausland erfolgen durch Jäger. Ohne Jäger gäbe es beispielsweise keine Wiederfunde von Hamburger Graugänsen aus Frankreich oder Spanien.

Wie aufwändig ist das Meldeverfahren, wie läuft es ab?

Der Ring wird immer an die Vogelwarte gemeldet, welche für das Bundesland zuständig ist, in dem der Ring gefunden wurde. Auch Vögel aus dem Ausland werden an die „heimische“ Vogelwarte gemeldet. Die Vogelwarten arbeiten weltweit zusammen und tauschen sich aus. Jeder Finder erhält dann eine entsprechende Information zu seinem gemeldeten Vogel. Folgende Angaben können ganz einfach per E-Mail direkt an die Vogelwarte gesendet werden:

  • Vogelart 
  • Ringnummer 
  • Ortsangabe auf dem Ring 
  • ggf. Nummer vom Farbring 
  • Funddatum 
  • Fundort (bestenfalls mit Koordinaten) 
  • Zustand (geschossen, lebend abgelesen, etc.)

Konnten Sie aufgrund der gemeldeten Ringe bereits interessante Entwicklungen bei einzelnen Arten feststellen?

Beispielsweise können Graugänse in der gleichen Population völlig unterschiedliche Zugtraditionen verfolgen. Manche Gänse ziehen gar nicht weg, während ihre „Nachbarn“ im Jahr mehrere hundert Kilometer zurück legen und das Brutgebiet wieder verlassen, sobald der Nachwuchs flügge ist. Auch beim Zug gibt es häufig völlig unterschiedliche Traditionen. In Hamburg ziehen Graugänse elbabwärts, während ihre „Nachbarn“ aus derselben Population elbaufwärts oder an die Ostsee ziehen. Ob eine Graugans wegfliegt und wenn ja wohin, lernt sie im ersten Lebensjahr von ihren Eltern. Meistens setzen die Jungvögel die Zugtraditionen ihrer Eltern in den Folgejahren fort. Dies hängt allerdings auch von dem Partner und seiner erlernten Tradition ab.

Welcher war der aufregendste Wiederfund und warum?

Da gibt es einige spannende Meldungen von den oft unterschätzten Gänsen oder Enten. Durch unsere Beringungen konnten wir in den letzten Jahren viele interessante Wiederfunde erzielen. Einige Hamburger Graugänse rasten im August und September regelmäßig am Gülper See im Havelland (Brandenburg). Eine Graugansfamilie aus Hamburg-Barmbek wurde ebenfalls dort Mitte Oktober beobachtet. Im ganzen Winter wurde diese Familie nicht gemeldet. Erst Ende Februar tauchten sie in Hessen in der Wetterauer Seenplatte wieder auf. Bereits fünf Tage später konnte ich die Mutter in Hamburg-Barmbek beim Nestbau beobachten.

 

Vogelwarten in Deutschland 

Institut für Vogelforschung Wilhelmshaven, „Vogelwarte Helgoland“:

Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Hessen.

Institut für Vogelforschung
„Vogelwarte Helgoland“
An der Vogelwarte 21

26386 Wilhelmshaven

ring@ifv-vogelwarte.de

 

Max-Planck-Institut für Ornithologie, „Vogelwarte Radolfzell“:

Saarland, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Bayern und Berlin.

Max-Planck-Institut für Ornithologie
Vogelwarte Radolfzell

Am Obstberg 1

78315 Radolfzell-Möggingen

krome@orn.mpg.de

 

Beringungszentrale Hiddensee am Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern, „Vogelwarte Hiddensee“:

Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen.

Landesamt für Umwelt, Naturschutz u. Geologie MV

Beringungszentrale Hiddensee
An der Mühle 4

17493 Greifswald-Eldena

beringungszentrale@lung.mv-regierung.de