Studie in Mittelhessen
Nachdem einer vorangegangenen Studie zufolge im Rotwildgebiet Krofdorfer Forst rund 200 männliche und weibliche Tiere leben und diese vergleichsweise geringe Population eine im internationalen Vergleich unterdurchschnittliche genetische Varianz aufweist, ist der Austausch mit Populationen anderer Rotwildgebiete enorm wichtig. Die nun durchgeführte Studie soll anhand von genetischen Analysen angrenzender Rotwildpopulationen diese Wildbewegungen sichtbar machen, andererseits aber auch die Auswirkungen landschaftlicher Barrieren, wie z. B. Einschnitte durch Autobahnen belegen.
Anhand der Vorträge konnte anschaulich dargestellt werden, dass es in den mittelhessischen Rotwildgebieten aufgrund der beschränkten und zum Teil ganz zum Erliegen gekommen Wandermöglichkeiten zwischen den einzelnen Gebieten zu einer genetischen Verarmung der einzelnen Rotwildpopulationen gekommen ist. Besonders betroffen ist der Austausch zwischen Hohem/nördlichem Vogelsberg und den übrigen drei Gebieten aufgrund der Achse Wetzlar-Gießen-A5.
Ein Plädoyer fürs Rotwild
Im Anschluss an die Vorträge kam es zu einer regen Diskussion bei der sich die Teilnehmer sehr engagiert für die Belange des Rotwilds in Hessen ausgesprochen haben.
Rotwild als Leitwildart
Das Rotwild nimmt dabei die Stellung einer Leitwildart an, da die Probleme die das Rotwild betreffen auch in anderem Ausmaß auf weitere Wildtierarten wie den Luchs oder die Wildkatze abgeleitet werden können. Hier betrifft es vor allem die Ausbreitungskorridore die diese Wildarten daran hindern weitere Lebensräume aufzusuchen und sich in Deutschen Wäldern weiter auszubreiten. Aber auch eine genetische Vermischung verschiedener Teilpopulationen ist durch die Verhinderung der Wanderbewegung gefährdet.
Wildbrücken und Reaktivierung der „alten historischen Wanderwege“ durch Wiederherstellung von Leistrukturen
Auch das Genetik-Projekt ist eingebettet in das landesweite „Monitoringkonzept Rotwild“ des LJV Hessen. Die eigene Dokumentation und die wissenschaftliche Studie der Veterinärmediziner bilden eine wichtige Grundlage für die Erstellung von Lebensraumkonzepten, die der LJV seit einigen Jahren erstellt.
Die Ergebnisse dieser Studie unterstreichen die Forderungen nach dem Bau weiterer Querungshilfen. Neben den Wildbrücken müssen aber auch Leistrukturen, in denen das Rotwild Deckung findet und wenig gestört wird, reaktiviert oder neu geplant werden. Auch eine bessere Beachtung der „alten historischen Wanderwege“ bei Planungen etc. wird gefordert. Ein wichtiger europäischer Wildwanderweg geht mitten durch Hessen (Teile vom Lahn-Dill-Bergland).
Innerhalb der Rotwildgebiete sind Lebensraumverbesserungen und Ruhezonen gefordert (Besucherlenkung, Jagddruck etc.).
Umsetzung des Wildtierartenschutzes
Die Ergebnisse sollten zudem behilflich sein den Wildtierartenschutz umzusetzen und voranzubringen. Dabei dienen die Ergebnisse als Grundlage für Einsprüche gegenüber Planfeststellungsverfahren.
Rotwildabschuss in rotwildfreien Gebieten
Eine weitere wesentliche Forderung war nach einer politischen Änderung bzw. Abschaffung der Verpflichtung, Rotwild in rotwildfreien Gebieten zu erlegen. Es sollte zu mindestens dahingehend geändert werden, dass den jungen ziehenden Hirschen eine Chance bleibt, ihrer Aufgabe, den genetischen Austausch zwischen Teilpopulationen aufrecht zu erhalten, gerecht zu werden.
Anmerkung der Hessenjäger-Redaktion: Gut veranlagte Hirsche bis zum 4. Kopf, die bereits eine einseitige Kronenbildung vorweisen können, sind in rotwildfreien Gebieten bereits jetzt zu verschonen. Die Wanderbewegungen finden größtenteils in der Altersklasse der mittelalten Hirsche statt, so dass diese Forderung durch die geltenden Abschussrichtlinien bereits gedeckt ist. Der Landesjagdverband setzt auf Wiedervernetzung von Lebensräumen durch den Bau von Querungshilfen, wie z. B. dem Bau einer Grünbrücke über die A45 an der Kalteiche.
Ausblick:
Aus den verbliebenen Hegegemeinschaften werden noch bis zum Ende der Jagdzeit am 31. Januar Blut- und Gewebeproben gesammelt und zur Untersuchung an das Klinikum Veterinärmedizin gesendet.
Erste Ergebnisse des landesweiten Monitorings werden im Spätsommer 2018 erwartet.