Der Deutsche Jagdverband (DJV) stellt stellvertretend für alle Jäger in Deutschland Strafanzeige gegen einen selbsternannten Tierrechtler und radikalen Jagdgegner aus Hessen. Auf seiner Facebook-Seite vergleicht er Jägerinnen und Jäger unter anderem mit Psychopathen und Kinderschändern. Er ist bereits mehrfach durch Beleidigungen in sozialen Medien aufgefallen. „Bei allem Verständnis für Meinungsfreiheit, Hassrede ist strafbar“, sagte DJV-Präsident Dr. Volker Böhning. Der DJV ermutigt Jägerinnen und Jäger, sich gegen Hasskriminalität konsequent zur Wehr zu setzen. Der Gesetzgeber hat die Rahmenbedingungen hierfür verbessert.
Nach Einschätzung von Medienanwalt Dr. Heiko Granzin handelt es sich im konkreten Fall zwar um eine Kollektivbeleidigung – sie betrifft aber auch jede Jägerin und jeden Jäger individuell. Darüber hinaus droht dem Jagdgegner eine Verfolgung wegen Volksverhetzung. In einem konkreten Verdachtsfall sollten Betroffene sofort einen Screenshot der Beleidigung machen und den Nachrichtenverlauf sichern. Hilfreich für die Behörden sind zudem persönliche Daten des Verfassers von Hassrede. Dazu gehören beispielsweise das Profil im sozialen Netzwerk oder andere Daten aus dem Internet. Die Informationen müssen innerhalb von drei Monaten bei der Staatsanwaltschaft des eigenen Wohnorts vorliegen.
Seit Kurzem kann auch ein „Daumen hoch“ strafbar sein – nämlich dann, wenn damit eine strafbare Äußerung eines Dritten öffentlich gutgeheißen wird. Im DJV-Interview erläutert Jan Mönikes, Fachanwalt für Medienrecht, was das Gesetzespaket gegen Hass und Hetze im Netz tatsächlich bringt.
„In jedem Fall Beweise sichern“
Was bringt das Gesetzespaket gegen Hass und Hetze im Netz? Jan Mönikes erläutert im DJV-Interview, was sich geändert hat. Der Fachanwalt für Medienrecht gibt Tipps, wie sich Jägerinnen und Jäger verhalten sollten.
Bedrohung und Beleidigung im Netz: Was hat sich geändert durch das Gesetzespaket gegen Hass und Hetze im Netz?
Hassrede im Internet und in den sozialen Medien: Der Gesetzgeber hat in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe von Gesetzen beschlossen, mit denen er diesem Phänomen endlich Herr werden will. Zum Großteil sind es eher symbolische Verschärfungen des Strafrechts und Erweiterung der Pflichten der Plattformbetreiber gegenüber Behörden und Rechte gegenüber ihren Kunden. Sehr oft bleibt es dabei: Eine Äußerung ist zwar persönlichkeitsrechtwidrig, der Betroffene kann sich mit dem Anwalt selbst dagegen wehren. Die Schwelle zu Beleidigung oder Bedrohung, also Straftaten, bewerten Richter oder Staatsanwalt allerdings häufig als nicht überschritten. Wer etwa die pauschale Beschimpfung von Waidmännern als „Tiermörder“ für einen Angriff auf seine Ehre hält, hat damit sicherlich recht – wird das aber in aller Regel als rechtlich zulässige Meinungsäußerung hinnehmen müssen. Anders dagegen, wenn mit dieser Beschimpfung etwa eine Aufforderung zu Straftaten gegen Jäger gerechtfertigt werden soll. Es kommt immer auf den konkreten Kontext an.
Wie sieht es mit Androhungen von Straftaten aus?
Wer etwa ankündigt, Autos und jagdliche Einrichtungen von „Tiermördern“ zu zerstören, kann künftig unter dem erweiterten §241 des Strafgesetzbuchs (StGB) wegen Bedrohung verfolgt werden. Mit einem neuen §126a StGB ist jetzt auch das „gefährdende Verbreiten personenbezogener Daten“ unter Strafe gestellt. Damit soll die Verbreitung von „Feindeslisten“ bestraft werden. Wenn etwa jemand Adressdaten von Jägerinnen und Jägern, Termine oder Standorte von Reviereinrichtungen sammelt und im Internet veröffentlicht, um „diese Tiermörder“ einzuschüchtern und so vielleicht gewaltbereite „Aktivisten“ zu Straftaten motiviert, kann nun schon wegen der Zusammenstellung und Verbreitung solcher Datensammlungen ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten.
Mit was muss jemand jetzt rechnen, der einen Hass-Post befürwortet – etwa durch „Daumen hoch“?
Die Billigung von Straftaten eines anderen kann eine Straftat sein. Wer mit „Daumen hoch“ eine strafbare Äußerung öffentlich gutheißt, kann sich unter Geltung des neu gefassten § 241 StGB jetzt sogar selbst bei erfundenen Bedrohungen strafbar machen. Die zustimmende Weiterverbreitung ist eine öffentliche „Billigung“ gemäß des neu gefassten § 140 StGB. Der erfordert weder eine wirkliche Tat noch eine reale Bedrohung: Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die öffentliche Zustimmung selbst zu einer reinen „Putativstraftat“ erfasst werden, um einem „Klima der Angst“ zu begegnen. Bei Sympathiebekundungen jeder Art ist also Vorsicht geboten, sobald nicht nur eine Meinung mit „scharfer Sprache“ geäußert wird, sondern Hass in Form von Hetze oder gar Drohungen in Rede steht. Etwa „wenn einem Wolf, der Menschen gefährdet, keine Kugeln drohen, könnten diese irgendwann in Richtung Politiker fliegen“: Wer sich so öffentlich äußert oder dies im Internet „shared“ und „liked“, sollte sich nicht wundern, falls die Polizei bei ihm klingelt. Das gilt insbesondere für Waffenbesitzer, denen regelmäßig ein erhöhtes Bedrohungspotential unterstellt wird.
Was hat sich für Betreiber sozialer Netzwerke mit in Kraft treten des Gesetzpakets zugunsten der Nutzer geändert?
Der Gesetzgeber verpflichtet durch das geänderte Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) Plattformen ab einer gewissen Größe, einen erheblichen personellen und organisatorischen Aufwand zu betreiben, um rechtswidrige, besonders strafbare Äußerungen möglichst schnell zu unterbinden und sogar bloße Verdachtsfälle umgehend an eine zentrale Stelle beim Bundeskriminalamt zu melden. Umgekehrt sollen Nutzer gestärkt werden, die glauben, zu Unrecht an ihren zulässigen Äußerungen gehindert zu werden. Ob und wie gut das in der Praxis klappen wird, ist aber eher zweifelhaft.
Was sollten Jäger tun, die in den sozialen Netzwerken Beleidigungen, üble Nachrede, Verleumdung oder sogar Bedrohung erfahren?
In jedem Fall: Ruhe bewahren! Nicht jeder persönliche Angriff ist unzulässig – selbst wenn die Grenzen der Sachlichkeit oder Höflichkeit verletzt werden. Schärfe ist im öffentlichen Meinungskampf legitim und auch nicht in sozialen Medien verboten. Wenn aber die Grenze zur Rechtswidrigkeit überschritten wird, Hass zur Hetze und Straftat wird, dann empfiehlt es sich in jedem Fall, die vorhandenen Meldesysteme der Plattformbetreiber oder die Angebote von Meldestellen zu nutzen. Darüber hinaus sollten auch Polizei oder Staatsanwaltschaft informiert werden. Manchmal kann aber auch nur ein eigener Anwalt helfen. Wichtig in allen Fällen: Besonnen, aber schnell und entschieden reagieren – möglichst innerhalb der ersten zwei Wochen, damit die Frist für Eilanträge bei Gericht nicht vergeht. Nicht hoffen, dass sich das Problem von allein erledigt, das tut es leider nie. In jedem Falle Beweise sichern! Am besten als PDF-Dateien, bei denen der konkrete Link zum Inhalt, Datum und Uhrzeit sichtbar sind. Zeugen hinzuziehen und professionelle Hilfe holen! Manche Rechtsschutzversicherungen bieten inzwischen sogar Policen für Cybermobbing und Internet-Rechtsschutz an, die hilfreich sein können.
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Ergänzung Hassmeldestelle in Hessen: