Jägerschaft übernimmt Verantwortung beim Wolfsmonitoring

Schulung ehrenamtlicher Wolfsberater aus der Jägerschaft am Forstlichen Bildungszentrum in Weilburg – Zusammenarbeit zwischen Wolfszentrum Hessen (WZH) und Landesjagdverband wird gestärkt

Im Forstlichen Bildungszentrum in Weilburg wurden 16 neue ehrenamtliche Wolfsberaterinnen und Wolfsberater geschult. Foto: Markus Stifter
Im Forstlichen Bildungszentrum in Weilburg wurden 16 neue ehrenamtliche Wolfsberaterinnen und Wolfsberater geschult. Foto: Markus Stifter

Am Montag, dem 30. Juni 2025, fand im Forstlichen Bildungszentrum Weilburg eine intensive Schulung für ehrenamtliche Wolfsberater aus der hessischen Jägerschaft statt. Durchgeführt wurde die Veranstaltung vom Wolfszentrum Hessen, das organisatorisch beim Landesbetrieb HessenForst angesiedelt ist. Ziel war es, Jägerinnen und Jäger künftig stärker in das Wolfsmonitoring einzubinden und dabei auf ihr Fachwissen zurückzugreifen. Der Impuls dafür entstand aus einem Gespräch zwischen der Leitung von HessenForst, LJV-Präsident Prof. Dr. Jürgen Ellenberger und Geschäftsführer Alexander Michel sowie weiteren Vertreterinnen und Vertretern beider Institutionen.

Wölfe in Hessen: Rückblick und aktueller Stand

Henning Koch, Referent des Wolfszentrums Hessen, gab in der Schulung zunächst einen Überblick über die Entwicklung der Wolfspopulation in Hessen. Der erste territoriale Wolf wurde im Jahr 2008 im Reinhardswald nachgewiesen. Nach einer ruhigeren Phase kamen ab dem Jahr 2020 weitere territoriale Einzeltiere hinzu. Mit der Gründung des Wolfszentrums Hessen im April 2021 wurde ein zentraler Ansprechpartner zum Thema Wolf geschaffen, der heute mit vier Mitarbeitern für die Weiterentwicklung des hessischen Wolfsmanagements, das staatliche Monitoring und die Rissbegutachtung verantwortlich ist.

Im vergangenen Monitoringjahr (01.05.2024-30.04.2025) wurden in Hessen 18 verschiedene Wolfsindividuen genetisch nachgewiesen – darunter vier sesshafte Wölfe, ein abgewanderter Wolf und drei Totfunde. Bei zehn weiteren Tieren ist der Aufenthaltsort derzeit unbekannt.

Wissenschaftlich fundierte Inhalte für die Praxis

Ein Schwerpunkt der Schulung lag auf den biologischen Merkmalen des Wolfes, seinem Verhalten und seinen Nahrungsgewohnheiten. Eine sächsische Studie mit rund 3.500 Losungsproben belegte, dass Rehe mit über 50 Prozent die Hauptbeute des Wolfes ausmachen, gefolgt von Wildschweinen und Rotwild. Nutztiere machten in dieser Untersuchung durchschnittlich nur etwa ein Prozent der Nahrung aus.

Besprochen wurden außerdem die Grundlagen des bundesweit einheitlichen Monitorings und das Erkennen typischer Wolfshinweise wie Kot, Spuren, Haare und Rissmerkmale.

Rissbegutachtung und Spurensicherung: Theorie und Praxis

Ein zentraler Aspekt der Schulung war die Dokumentation von Wild- und Nutztierrissen. Die Teilnehmer lernten, wie ein Vorfall neutral festgehalten, der Fundort gesichert und die notwendige Probenentnahme durchgeführt wird. Nicht nur Bissspuren, sondern auch Schleifspuren, durchbissene Knochen, Fraßmengen und Hämatome im Halsbereich geben Hinweise auf eine mögliche Wolfsbeteiligung. Besonders eindrücklich wurde dies am Nachmittag im Lerngarten des Bildungszentrums: An einem ausgelegten Stück Rehwild wurde demonstriert, wie genetisch verwertbares Material korrekt entnommen wird – nicht direkt aus den offenen Bisswunden, sondern vielmehr am Rand der Bissstellen, wo der Kontakt mit Gaumen und Zunge des Wolfes am größten ist. Über diese „Speichelstellen“ lässt sich erfahrungsgemäß das beste Probenmaterial zur DNA-Untersuchung gewinnen.

Zusätzlich wurden die Teilnehmer im sachgerechten Umgang mit der digitalen Meldeplattform des WZH geschult, auf der Beobachtungen, Rissfunde oder Aufnahmen von Wildkameras gemeldet werden können. Das Meldeformular wurde ausführlich erklärt und anhand praktischer Übungen am Computer bearbeitet. Eine vollständige Fotodokumentation, Protokollführung sowie die fachgerechte Verpackung und Einsendung von Proben an das Wolfszentrum nach Kassel runden den Meldeprozess ab.

Recht, Weidetierschutz und Fördermöglichkeiten

Neben den biologischen und praktischen Inhalten ging es auch um rechtliche Rahmenbedingungen, den Weidetierschutz und Fördermöglichkeiten für präventive Herdenschutzmaßnahmen. Die Schulung behandelte unter anderem die FFH-Richtlinie und die Herabstufung des Schutzstatus des Wolfs in den Anhang V. Auch die Abwicklung des Schadensausgleichs wurde thematisiert: Dabei handelt es sich um sogenannte Billigkeitsleistungen, also freiwillige Leistungen des Landes. Sie umfassen unter anderem den Ausgleich des Verlusts von Nutztieren, Tierarztkosten sowie Aufwendungen bei der Bergung.

Kooperation zwischen Forst und Jagd stärkt das Wolfsmanagement

Die Schulung von 16 neuen Wolfsberaterinnen und -beratern ist ein sichtbares Ergebnis der engen Zusammenarbeit zwischen dem Landesbetrieb HessenForst und dem Landesjagdverband Hessen. Durch ihre fundierte Ausbildung, ihre regionale Verankerung und ihre jagdpraktische Erfahrung können Jägerinnen und Jäger künftig einen wichtigen Beitrag zum Wolfsmanagement leisten. Sie kennen die Reviere, wissen um Besonderheiten der Region und können Beobachtungen sachkundig einordnen.

Zugleich bauen die Institutionen mit diesem Engagement Brücken zwischen unterschiedlichen Interessengruppen – von Nutztierhaltern über Forstbehörden bis hin zur Bevölkerung. Die gezielte Einbindung der Jägerschaft in das Netzwerk ehrenamtlicher Wolfsberaterinnen und -berater wird das Monitoring und die Akzeptanz für den Umgang mit dem Wolf in Hessen nachhaltig stärken.

Weitere Informationen und Meldewege

Das Wolfszentrum Hessen ist die zentrale Anlaufstelle für Hinweise, Sichtungen und Verdachtsfälle. Unter der Rufnummer 0611 32 57 2000 ist die Wolfshotline täglich von 8 bis 16 Uhr für die Meldung von Nutztierschäden und Wildtierrissen mit Wolfsverdacht erreichbar – auch an Wochenenden und Feiertagen. Hinweise wie Sichtungen, Foto- oder Videoaufnahmen, Spuren oder Kot können zudem über das Online-Portal unter
https://monitoring.wolfszentrum.hessen.de/login eingereicht werden.

Weiterführende Informationen finden Sie auf den Webseiten des Wolfszentrums Hessen (https://wolfszentrum.hessen.de) sowie beim Landesjagdverband Hessen unter www.ljv-hessen.de.