Mountainbiker treffen Jäger in Kelkheim

Die Interessensgemeinschaft Taunus der „Deutschen Initiative Mountainbike e. V.“ (DIMB) hatte am 18. Februar 2020 unter dem Motto „Mountainbiker treffen Jäger“ zu einem offenen Dialog nach Kelkheim eingeladen.

Von links: Oliver König, stv. Vorsitzender des Jagdklubs Main-Taunus, LJV-Pressesprecher Markus Stifter, LJV-Vizepräsident Dr. Nikolaus Bretschneider-Herrmann, Urs Weidmann (DIMB IG Taunus) und Dr. Johannes Weinkauf (Wheels over Frankfurt Radsport e. V.). Foto: privat

Nach der Begrüßung von Urs Weidmann, Sprecher der DIMB IG Taunus, richtete Dr. Johannes Weinkauf zu Beginn der Veranstaltung einen Appell an alle Teilnehmer, Verständnis für die Nutzung eines gemeinsamen Naturraumes aufzubringen und den gegenseitigen Dialog zu suchen. LJV-Vizepräsident Dr. Nikolaus Bretschneider-Herrmann bekräftige dies auch von Seiten der hessischen Jägerschaft. Ein „miteinander reden“ sei stets besser als ein „übereinander reden“.

Jagdsystem und Hegeverpflichtung in Deutschland

Dr. Bretschneider-Herrmann informierte in einem Impulsreferat über das Jagdsystem in Deutschland, die Aufgaben und die Hegeverpflichtung der Jägerschaft und auch über die Unterschiede zwischen Förstern und Jägern, die in der Bevölkerung oft nicht bekannt seien. LJV-Pressesprecher Markus Stifter betonte in seinem Vortrag, welche vielschichtigen Faktoren auf unsere heimischen Wildtiere einwirken, deren Lebensraum beschneiden und stetig weiter verknappen. In einigen Teilen Hessens, wie z. B. in Wattenberg-Weidelsburg und dem Krofdorfer Forst sei schon heute durch die Autobahnen A 5 und A 45 so gut wie kein genetischer Austausch mehr möglich. Dies habe eine kürzlich von Prof. Dr. Dr. Gerald Reiner veröffentlichte Studie zur Rotwildgenetik in Hessen bereits eindrucksvoll belegt.

Störungen bedeuten Stress für Wildtiere

Häufige Störungen, besonders in der Dämmerungsphase am frühen Morgen oder den Abend- und Nachtstunden und auf dem Weg zur Nahrungssuche bedeuteten mehr Stress für das Wild und könnten zu einer Zunahme von Wildschäden führen. Dies bekräftige Dr. Bretschneider-Herrmann, da künftig auf Kalamitätsflächen verstärkt gejagt werden müsse. Oliver König, stellvertretender Vorsitzender des Jagdklubs Main-Taunus e. V. und selbst seit über 30 Jahren aktiver Mountainbiker, kennt beide Seiten und appellierte ebenfalls an die Teilnehmer, nicht abseits von befestigten Wegen oder während der Dämmerungs- und Nachtzeit mit dem Mountainbike im Wald zu fahren. In einem gemeinsamen Dialog wurden insbesondere die gesetzlichen Rahmenbedingungen, die Brut- und Setzzeiten sowie Hinweisschilder bei herbstlichen Bewegungsjagden thematisiert.

 

Auszug aus dem Hessischen Waldgesetz (HWaldG):

§ 15

(1) Jeder darf Wald zum Zwecke der Erholung nach den Maßgaben von § 14 Abs. 1 Satz 3 und 4 des Bundeswaldgesetzes und der nachfolgenden Abs. 2 bis 4 betreten.

(2) Waldbesucherinnen und Waldbesucher haben aufeinander Rücksicht zu nehmen, damit eine gegenseitige Belästigung oder Behinderung vermieden wird. Durch die Benutzung darf die Lebensgemeinschaft des Waldes nicht gestört, die Bewirtschaftung des Waldes nicht behindert, der Wald nicht gefährdet, geschädigt oder verunreinigt und die Erholung anderer nicht beeinträchtigt werden.

(3) Radfahren, Reiten und Fahren mit Krankenfahrstühlen ist im Wald auf befestigten oder naturfesten Wegen gestattet, die von Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern oder mit deren Zustimmung angelegt wurden und auf denen unter gegenseitiger Rücksichtnahme gefahrloser Begegnungsverkehr möglich ist. Fußgängerinnen und Fußgängern sowie Menschen, die auf einen Krankenfahrstuhl angewiesen sind, gebührt in der Regel der Vorrang.

(6) Das Anlegen von Wegen durch Waldbesucherinnen und Waldbesucher ohne Zustimmung der Waldbesitzerin oder des Waldbesitzers ist unzulässig.

 

Auszug aus dem Hessischen Jagdgesetz (HJagdG)

§ 23 Sachliche Verbote und Ausnahmen

(11) Das Stören des Wildes durch unberechtigtes Verlassen befestigter Wege im Wald zur Nachtzeit ist verboten; § 19a des Bundesjagdgesetzes bleibt hiervon unberührt.

Laut § 19 Bundesjagdgesetz (BJG) ist die Nachtzeit wie folgt definiert:

Nr. 1 Absatz 4: „… als Nachtzeit gilt die Zeit von eineinhalb Stunden nach Sonnenuntergang bis eineinhalb Stunden vor Sonnenaufgang…“

 

Die Mountainbiker wünschten sich eine transparente Bekanntmachung von Ruhezonen, Sperrungen wegen Holzfällung oder Jagden im Wald. Sie könnten sich so besser auf aktuelle Ereignisse einstellen und so auch Rücksicht auf Wildtiere und Jägerschaft nehmen. Für den Landkreis Main-Taunus sollen auf Initiative des Jagdklubs Main-Taunus auf örtlicher Ebene Revierkarten mit Ruhezonen erarbeitet werden. Eine Anfrage an HessenForst ist bereits auf den Weg gebracht. Weiterhin sollen benachbarte Jagdvereine, insbesondere aber die betroffenen Jagdausübungsberechtigen in die Planungen, gegebenenfalls auch Vertreter der Hegegemeinschaft mit einbezogen werden.

Eine Bekanntgabe von Sperrungen bzw. Hinweisen im Wald bei Drückjagden hielten sowohl Dr. Bretschneider, Markus Stifter und auch Oliver König für problematisch. Besonders in Ballungsräumen könnten so Jagdgegner die geplanten Bewegungsjagden stören oder gar unmöglich machen. Der enorme Aufwand, der mit der Planung und Durchführung von Bewegungsjagden im Herbst und Winter verbunden sei, wäre dann vergeblich gewesen.

Die Vertreter der Jägerschaft bedanken sich bei den Initiatoren des Treffens und dem Publikum für die sachliche und unaufgeregte Diskussion. Sie wünschten sich, in den Teilnehmern der organisierten Mountainbiker Verbündete gefunden zu haben, die so als Multiplikatoren auch mit anderen Radfahrern in Kontakt kommen. Nur so könne für die Bedürfnisse der Wildtiere und die Belange der Jagd sensibilisiert werden und dies führe hoffentlich zu einem von gegenseitigem Respekt und Verständnis geprägten Vernunftsdenken, zukünftig keine Trails im Alleingang anzulegen oder in der Dämmerungs- und Nachtzeit das Wild zu stören.