LJV fordert Unterstützung der Fangjagd

Der Waschbär ist ein opportunistischer Beutegreifer, der sich neben pflanzlicher Nahrung zu einem Großteil von Weichtieren und kleineren Wirbeltieren ernährt. Unsere klassischen Niederwildarten gehören damit zwar nicht zu seinen Hauptbeutearten, können aber als Jungtiere, Gelege oder während des Brutgeschäftes ebenfalls durch den Waschbären erbeutet werden.

Ab 1. August darf der Waschbär in Hessen wieder bejagt werden. Foto: Seifert/DJV
Foto: Seifert/DJV

Der Waschbär stellt somit für unsere Niederwildarten, aber auch vielen andere Offenlandarten, einen weiteren Fressfeind dar, der zusätzlich, zu den bereits vorhandenen und teilweise in sehr hohen Besätzen vorkommenden Beutegreifern wie Fuchs, Dachs oder Marder, den Prädationsdruck nochmals deutlich erhöht.

Verhältnis Räuber und Beute lange nicht mehr ausgeglichen

Das Verhältnis von Räuber und Beute ist in unserer Kulturlandschaft, die vor allem in den intensiv bewirtschafteten Ackerbaugebieten meist ausgeräumt und strukturarm ist, schon lange nicht mehr ausgeglichen. Verlierer des Strukturwandels in der Landwirtschaft und des ausufernden Flächenfraßes sind ganz klar unsere klassischen Niederwildarten wie Feldhase, Rebhuhn oder Fasan, während die sehr anpassungsfähigen und sich immer weiter ausbreitenden Waschbären zu den Gewinnern gehören.

Zum Schutz des Niederwildes und zum Erhalt einer möglichst hohen Artenvielfalt sollten daher alle Möglichkeiten genutzt werden, um den hohen Prädationsdruck zu senken. Hierzu gehört ganz sicher auch die Unterstützung der Fangjagd, in Ergänzung zur Ansitz- und Baujagd. Gerade bei den sehr heimlichen und fast ausschließlich nachtaktiven Raubsäugerarten wie Waschbär und Marderhund ist die Bejagung mit Lebendfanggeräten höchst effektiv. Meist sind diese Arten nämlich erst aktiv, wenn die Jäger längst schon wieder zu Hause sind. So zeigen Auswertungen von Fangmeldern, dass die meisten Waschbären zwischen ein und fünf Uhr nachts gefangen werden. Wer jedoch zu dieser Zeit ansitzt, hat es in der Regel auf Schwarzkittel abgesehen und wird sich angesichts der drohenden ASP sowie der Wildschadensproblematik dreimal überlegen, ob er durch die Erlegung eines Waschbären den weiteren Ansitz aufs Spiel setzt.

Fangjagd ermöglicht gezieltere Bejagung

So ist es doch häufig auch Zufall, dass Waschbären zur Strecke kommen. Mithilfe der Fangjagd ist hier eine deutlich bessere und gezieltere Bejagung möglich. Der unversehrte Fang und die verhältnismäßig geringe Störung von Nichtzielarten ermöglicht auch einen Einsatz in Siedlungen oder Schutzgebieten und sollte gerade in Letzteren genutzt werden, um keine Rückzugsräume zu bieten, in denen sich Raubsäuger ungestört vermehren und in naturschutzfachlich sensiblere Bereiche vordringen können.  Auch die zurückhaltende Bejagung von Raubsäugern in staatlichen oder privaten Hochwildrevieren sollte zum Schutze der Offenlandarten überdacht werden. Mit der Fangjagd steht hier ein Instrument zur Verfügung, dass auch während der Ruhephasen im Rahmen der Intervalljagd anwendbar ist.

Effektive Bejagung kann weitere Ausbreitung des Waschbären verlangsamen

Eine effektive Bejagung dient dazu, die weitere Ausbreitung des Waschbären zu verlangsamen und hilft damit den Forderungen der „EU-Verordnung 1143/2014 über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten“ nachzukommen. Wie die Vergleiche der Jagdstrecken der hessischen Landkreise zeigen, ist der Waschbär in den südhessischen Landkreisen noch relativ selten anzutreffen.

Link: FÖJ-Projekt von Dominik Deuster zur Ausbreitung der Waschbären in Hessen.

Eine ähnliche Populationsentwicklung wie in den nord- und mittelhessischen Landkreisen sollte in diesen Regionen daher so lang wie möglich unterbunden werden. Auch die feste Etablierung des Marderhundes in Hessen kann so verlangsamt, wenn nicht sogar ihr entgegengewirkt werden. Bisher sind jährlich nur wenige Stücke auf den Streckenlisten verzeichnet. Durch eine intensive Raubwildbejagung und der flächendeckenden Ausweitung der Fangjagd können sich entwickelnde Populationen dieses weiteren Raubsäugers frühzeitig entdeckt und in ihrem Wachstum eingedämmt werden. Hier sollte nicht der gleiche Fehler wie beim Waschbären gemacht werden, sondern die Etablierung durch eine scharfe Bejagung möglichst unterbunden werden.  

„Die Bejagung des Raubwildes ist neben der Biotopverbesserung ein elementarer Baustein innerhalb des Artenschutzes. Bei der Raubwildbejagung ist die Fangjagd ein unverzichtbares Instrument, insbesondere bei der Reduktion der invasiven Arten. Die Absenkung des Prädationsdruckes trägt zum Überleben vieler bedrohter Arten in unserer Kulturlandschaft bei. Mit modernen Fangsystemen und elektronischer Überwachung kann dies effizient und tierschutzgerecht umgesetzt werden. Im Hinblick auf den drastischen Artenschwund ist eine Ausweitung der Fangjagd unverzichtbar. Wie in anderen Bundesländern bereits erfolgreich durchgeführt, sollte auch in Hessen eine Möglichkeit der Förderung geschaffen werden, so dass eine flächendeckende Umsetzung der Fangjagd ermöglicht wird. Schließlich wird der Schutz einiger weniger verinselter Populationen bedrohter Tierarten auf Dauer nicht zu deren Erhalt beitragen. Lokale Fangjagdprojekte in Kooperation mit dem lokalen Naturschutz haben in den letzten Jahren den Weg zum Erfolg gezeigt. Es ist erfreulich, dass nach jahrzehntelangem Wegschauen durch Politik und Verbände die Fangjagd nun endlich von einer breiteren Basis getragen wird“,

so LJV-Vorstandsmitglied Maarten Fijnaut.

Prädationsdruck in den Revieren senken

Obwohl die Bejagung des Waschbären seit fast 70 Jahren möglich ist, wurde bisher mit der Jagd nur ein kleiner Anteil des Waschbärbesatzes erlegt. Die Gründe hierfür sind vielfältig und wurden zum Teil bereits diskutiert. Durch den technischen Fortschritt und die Weiterentwicklung von Fanggeräten und Fangmeldern hat sich das Potential mit jagdlichen Mitteln in den Besatz einzugreifen und die Population einzudämmen jedoch deutlich vergrößert und sollte flächendeckend angewendet werden. Auslöschen werden wir den Waschbären in Deutschland nicht mehr, aber wir können mit einer effektiven und nachhaltigen Bejagung den Prädationsdruck in unseren Revieren deutlich senken und bedrohten Arten damit wieder Luft verschaffen, so dass diese sich bestenfalls wieder bestandserhaltend reproduzieren können.

Das die Fangjagd deutlich zum Bejagungserfolg beitragen kann, zeigt das Beispiel der Wetterau. Hier haben viele Reviere begonnen, die Raubwildbejagung im Rahmen der Niederwildhege durch die Fangjagd zu ergänzen. Dadurch konnte trotz der Bejagungseinschränkungen durch die Hessische Jagdverordnung die Waschbärstrecke von knapp 1,7 Waschbären pro 100 ha Jagdfläche im Jagdjahr 2016/2017 auf fast 2,5 Waschbären/100 ha im Jagdjahr 2018/2019 erhöht werden. Der Anteil der mit der Fangjagd erlegten Waschbären liegt im gesamten Wetteraukreis inzwischen bei fast 46 % und ist damit deutlich höher als der hessenweite Durchschnitt von zurzeit 26%.

Angesichts des dramatischen Rückgangs der Rebhuhnbesätze und der Bestände weiterer Offenlandarten wie Feldlerche, Kiebitz oder Feldhamster erscheint hier nur mehr als überfällig, dass sich die hessische Landesregierung klar zur Fangjagd positioniert und diese auch weitestgehend finanziell unterstützt.

Text: Maarten Fijnaut (Vorstand LJV Hessen, Niederwildjäger und Fangjagdexperte) und Dr. Nadine Stöveken (Biologin LJV Geschäftsstelle).

 

 

Info-Box Waschbär:

Experten des BfN gehen ausgehend von Hochrechnungen, basierend auf den bundesweiten Jagdstrecken, davon aus, dass es zurzeit 1.3 Millionen Waschbären in Deutschland gibt und sich der Besatz in den kommenden Jahren auf bis zu 5 Millionen Tiere erhöht. Der Waschbär gehört damit zu den häufigsten wildlebenden Raubsäugern und stellt ein erhebliches Gefährdungspotenial für die biologische Vielfalt dar. Wenn konservativ gerechnet jeder Waschbär ca. 200 Wirbeltiere pro Jahr verzehrt, bedeutet das bei 1.3 Millionen Tiere einen jährlichen Verlust von 260 Millionen Wirbeltieren, wobei vor allem Amphibien und Reptilien aber auch Brutvögel oder Fledermäuse betroffen sind.  Mit jagdlichen Mitteln werden, Experten Zufolge, jährlich ca. 8 -10 % des Besatzes entnommen. Bei einem jährlichen Zuwachs von ca. 26 % müsste die Jagdstrecke um das Dreifache erhöht werden, damit dadurch flächendeckend die Waschbärbesätze reduziert werden können.

Quelle: Nehring, S. (2018). Warum der gebietsfremde Waschbär naturschutzfachlich eine invasive Art ist- trotz oder gerade wegen aktueller Forschungsergebnisse. Natur und Landschaft: 93 (9/10): 453-461.