Nach der Eröffnung der Veranstaltung durch den Vertreter der NAH und Mitorganisator Bernhard Neugirg begrüßten Dr. Nikolaus Bretschneider-Herrmann, Vizepräsident des LJV sowie Vorstandsmitglied des Naturschutzzentrums (NZH) und Jonas Müller Sprecher des Agrarausschuss der Landjugend die anwesenden Teilnehmer und Referenten.
Im ersten Vortrag dieses Tages erläuterte der Wildbiologe Johann David Lanz sehr ausführlich welche Tierarten von der Mahd betroffen sind und warum eigentlich so mobile Wildtiere wie Rehkitze, Junghasen oder Rebhühner nicht vor den Mähmaschinen fliehen und mit welchen Maßnahmen die Gefahr des Ausmähens verhindert oder zumindest verringert werden kann. Neben den klassischen Wildtieren und Wiesenvögeln sind auch viele andere Arten von der Grünlandmahd betroffen. Neben einer Vielzahl an Insekten halten sich in den Wiesen nämlich auch verschiedene Amphibien (z.B. Frösche, Kröten) und Reptilienarten (Eidechsen, Schlangen) auf. Um hier Mähverluste zu vermieden oder größtmöglich zu verringern, empfahl Lanz die Verwendung von Balkenmähern statt Scheibenmäher sowie eine Schnitthöhe von mindestens 10 cm. Auch der Zeitpunkt der Mahd spielt eine wichtige Rolle und je später im Jahr die Mahd erfolgt, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Wildtiere von den Mähmaschinen erfasst werden. Um gerade beim Rehwild die Hauptsetzzeiten zu umgehen, sollte, wenn möglich, die Mahd auf Ende Juni/Juli verschoben werden. Auch eine Staffelmahd, das stehenlassen eines Altgrasstreifens und die Mahd von innen nach außen stellen wildtierschonendere Methoden dar.
Im Vorfeld einer Mahd können verschiedene optische, akustische und olfaktorische Vergrämungsmethoden angewendet werden, um Wildtiere aus der zu mähenden Wiese zu verscheuchen oder den Wechsel in das Gebiet zu verhindern. Damit duckende Jungtiere oder brütende Hennen nicht in das Mähwerk geraten, sollten insbesondere sehr gefährdete Wiesen nochmals direkt vor der Mahd mit mehreren Personen abgesucht werden. Hierbei hat sich der Einsatz von Vorstehhunden bewährt. Aber auch moderne technische Hilfsmittel wie Flugdrohnen mit Wärmebildkamera oder Infrarotbalken können bei der Suche nach den versteckt liegenden oder auf ihren Gelegen sitzenden Wildtieren hilfreich sein.
Björn Schöbel, Justitiar des Hessischen Bauernverbandes ging im zweiten Vortrag des Tages auf die jagd- und vor allem tierschutzrechtlichen Grundlagen ein. Er erläuterte zunächst die gesetzlichen Begriffe und Bestimmungen und stellte im Anschluss verschiedene Strafanträge und Urteile zu diesem Thema vor. Anhand dieser Beispiele wurde sehr deutlich, dass die Landwirte dafür verantwortlich sind, dass geeignete Maßnahmen zum Schutz der Wildtiere eingeleitet werden. Sollten sie dieser Verantwortung nicht nachkommen, handeln sie mindestens fahrlässig und können im Falle des Todes oder der Verletzung eines Tieres durch das Mähwerk strafrechtlich belangt werden.
Dass die meisten Landwirte Ihre Verpflichtung sehr ernst nehmen und dieser auch nachkommen wurde im dritten Beitrag des Vormittags deutlich. Anhand zweier Praxisbeispiele erläuterte der Landwirt Walter Lang und der Landwirt und Vizepräsident des Hessischen Bauernverbandes Volker Lein die Maßnahmen, die in Ihren Betrieben angewendet werden, um Wildtiere vor den Mähwerken zu schützen. Beide Landwirte haben ein gutes Verhältnis zu Ihren Jagdpächtern und führen die Maßnahmen gemeinsam mit diesen durch. Da nicht eine Maßnahme „das Allheilmittel“ darstellt, setzen sie auf ein Portfolio verschiedener Methoden wie zum Beispiel Vergrämung, Absuchen, Einsatz von Schallkanonen und wildtierschonende Mähstrategien.
Der Vortrag der beiden Landwirte zeigte nicht nur wie eine gute Kooperation zum Schutz von Wildtieren zwischen Landwirt und Jäger aussehen kann, sondern vermittelte auch Verständnis dafür, wie schwierig es für ein Landwirt ist, den richtigen Mähzeitpunkt zu finden. Um qualitativ hochwertiges Heu zu erhalten, müssen vor der Mahd viele Faktoren passen und häufig auch Absprachen mit Lohnunternehmern getroffen werden. Eine frühzeitige Ankündigung von Mähterminen ist daher bei einem solch‘ witterungsabhängigen Geschäft relativ schwierig.
In der Abschlussdiskussion wurde nochmals deutlich, wie wichtig Landwirten und Jägern dieses Thema ist und dass nur einen gute Zusammenarbeit den gewünschten Erfolg bringt. Es wurde aber auch diskutiert, dass auch in anderen Bereichen noch einiges für Wildtiere getan werden muss. Dr. Bretschneider-Herrmann verwies hier unter anderem auf die Gefahr von mobilen Zäunen, in denen sich Wildtiere verfangen und elendig zugrunde gehen können. Aber auch freilaufende Hunde stellen ein großes Gefährdungspotential für Wildtiere und ihre Jungen dar.
Der Praxisteil der Veranstaltung fand auf dem Hof der Familie Mandler in Heuchelheim statt. Hier wurden verschiedene Methoden zur Wildtierrettung vorgestellt.
„Mäh kein Reh“, die Rehkitzbewegung der Hessischen Landjugend stellte mit Flatterband, Tüten, Säcken und Windrädern eine einfache und kostengünstige Methode vor, um Wildtiere aus einer Fläche zu vertreiben. Die Utensilien werden an Stäben oder Pfosten befestigt und am Vorabend in die zu mähende Fläche gebracht. Die ungewöhnlichen Geräusche und das Aussehen sollen die Ricken dazu animieren ihre Kitze aus der betroffenen Wiese herauszuführen und zudem verhindern, dass weitere Wildtieren in diese Flächen wechseln.
Eine weitere Vergrämungsmaßnahme wurde von Martin Thoma von NaturTech Oberland vorgestellt. Er entwickelte ein Gerät, das nach dem Zufallsprinzip optische und akustische Signale aussendet und damit ebenfalls zur Vertreibung von Wildtieren aus bestimmten Flächen beitragen soll. Ein Mikrochip steuert hier die zufällige Aussendung dieser Reize und soll damit auch verhindern, dass sich ein Gewöhnungseffekt einstellt und die Wildtiere sich wieder in die Flächen begeben. Für die Vertreibung von Rehkitzen wurde der sogenannte Rehkitzretter/Wildschreck so programmiert, dass nach einigen Aussendungen eine längere Pause Eintritt, in der die Ricke ausreichend Zeit hat die Kitze aus der Fläche zu holen.
Direkt vor der Mahd sollten insbesondere sehr gefährdete Wiesen mit mehreren Personen nochmals abgesucht werden. Hierbei können auch Vorstehhunde eingesetzt werden, die im Rahmen einer Quersuche die Wiese ablaufen und durch ihr rassetypisches Verharren bei Wildkontakt dem Hundeführerführer zeigen, wo sich ein Wildtier in der Wiese befindet. Wie eine solches „Vorstehen“ aussieht, demonstrierte Kai Schmid, Jäger und Hundeführer aus der Jagdgebrauchshundegruppe des Jagdvereins Hubertus Gießen und Umgebung e.V., mit seinem Magyar Vizla Rüden Akos.
Beim Absuchen der Wiesen können aber auch technische Hilfsmittel eingesetzt werden. So werden bereits in einigen Revieren sogenannte Flugdrohnen mit Wärmebildkamera zur Suche verwendet. Dr. Kathrin Umstätter von der Firma Geo-Konzept stellte im Rahmen der Praxisvorführung die Wildtierrettung mithilfe einer solchen Drohne vor. Die Drohne war sowohl mit einer normalen RGB-Kamera als auch mit einer Wärmebildkamera ausgestattet und flog Dank der modernen Satellitennavigation fast schon selbständig einen zuvor eingegeben Suchraum ab. Die Live-Bilder der Drohne werden auf einem Display am Steuergerät angezeigt, so dass der Drohnenführer bei Sichtung eines Wildtieres sofort reagieren kann.
Max Mohr, von der Firma Mohr und Söhne Wildtiertechnik, präsentierte eine Schallkanone. Diese wird am Mähwerk oder am Trecker angebracht, um mit einem dauerhaften und sehr lauten Ton (160 db) die noch in der Wiese verbliebenen Tiere aufzuscheuchen. Die Schallkanone kann und soll auch bei anderen Feldarbeiten eingesetzt werden, um zum Beispiel auch während der Getreide- oder Maisernte die in den Schlägen befindlichen Wildtiere zu warnen.
Text und Bilder Dr. Nadine Stöveken, LJV Hessen