Ein Jahr ASP im Kreis Groß-Gerau – Jägerschaft zieht gemeinsam mit Behörden und Landwirtschaft Bilanz

Gemeinsames Handeln im Kampf gegen die Seuche – Am 12. Juni 2025 fand im Kreishaus Groß-Gerau eine zentrale Pressekonferenz zum einjährigen Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest (ASP) im Landkreis statt.

ASP-Pressekonferenz im Kreishaus Groß-Gerau. Von links: Patrick Fülling (Vorsitzender KJV Groß-Gerau), Klaus Velbecker (Leiter des Forstamtes Groß-Gerau), Dr. Katrin Stein (Amtsveterinärin Kreis GG), Adil Oyan (Erster Kreisbeigeordneter GG), Selina Müller (RBV Starkenburg) und Markus Stifter (Pressesprecher LJV Hessen), Foto: Volker Trunk/Kreis GG
ASP-Pressekonferenz im Kreishaus Groß-Gerau. Von links: Patrick Fülling (Vorsitzender KJV Groß-Gerau), Klaus Velbecker (Leiter des Forstamtes Groß-Gerau), Dr. Katrin Stein (Amtsveterinärin Kreis GG), Adil Oyan (Erster Kreisbeigeordneter GG), Selina Müller (RBV Starkenburg) und Markus Stifter (Pressesprecher LJV Hessen), Foto: Volker Trunk/Kreis GG

Der Erste Kreisbeigeordneter Adil Oyan betonte in seiner Rede: „Der Umgang mit der ASP zeigt auch, dass unsere Krisenstrukturen funktionieren. […] Die Bewältigung dieser Krise war und ist eine gemeinsame Leistung.“ Zahlreiche Akteure – von Veterinärbehörden über die Jägerschaft bis zur Landwirtschaft – haben im vergangenen Jahr unter enormen Belastungen daran gearbeitet, die Ausbreitung der ASP einzudämmen.

Drastische Bilanz eines Seuchenjahres

Seit dem ersten bestätigten Positivfall am 15.06.2024 wurden bis zum 3. Juni 2025 im Kreis Groß-Gerau insgesamt 1.447 Wildschweinkadaver beprobt – 601 davon mit positivem ASP-Befund. Acht Hausschweinehaltungen mussten vollständig geräumt werden, über 3.500 Tiere wurden tierschutzgerecht getötet. Besonders erschreckend: Ein im Juni 2024 entdeckter Kadaver aus dem Bereich Königstädten war bereits drei Monate alt – ein Hinweis darauf, dass die Seuche sich unbemerkt ausbreiten konnte. Dr. Katrin Stein, leitende Amtsveterinärin, betonte, dass Insekten wie Fliegen oder Schnaken laut einer Information des FLI keine relevanten Überträger seien. Entscheidend sei vielmehr, die Viruslast in der Wildschweinpopulation zu senken, da Einträge in Hausschweinehaltungen meist in den Sommermonaten und in Gebieten mit einer besonders hohen Virenlast aufgetreten sind.

Belastung für Mensch und Tier

Wildschweine sterben laut Stein einen langsamen, qualvollen Tod: Fieber bis 44 Grad, Krämpfe, innere Blutungen – all das ist typisch für den Krankheitsverlauf. Auch für den Menschen bringt die Seuche große Belastungen: Auflagen, Sperrzonen, Kommunikations- und Koordinationsaufwand, auch wenn die Seuche für den Menschen oder andere (Haus-)tiere nicht ansteckend ist.

Bauernfamilien in existenzieller Not

Aus Sicht der Landwirtschaft sei die ASP „eine Katastrophe“, sagte Selina Müller vom Regionalbauernverband Starkenburg. Die praktischen Einschränkungen – etwa bei Ernte, Flächenbearbeitung oder Genehmigungen – seien nur ein Teil des Problems. Besonders dramatisch sei die Lage in den schweinehaltenden Betrieben. „Völliger Stillstand in einem Bereich, der niemals stillsteht – die Tierhaltung.“ Die Vermarktung sei eingebrochen, die Ställe überfüllt, langjährige Geschäftsbeziehungen auf Eis. „Existenzen sind bedroht, die Familien belastet in einem Umfang, den man sich nicht vorstellen kann“, so Müller. Die Betriebe bräuchten eine Zukunftsperspektive und verlässliche Rahmenbedingungen – ob in oder außerhalb der Tierhaltung.

Jägerschaft: Schlüsselakteur im Seuchenschutz

„Die Jägerschaft unterstützt das Land und die Landkreise seit der ersten Stunde, nachdem die ASP in Hessen aufgetreten ist“,

erklärte Markus Stifter, Pressesprecher des Landesjagdverbandes Hessen.

„Die Jägerinnen und Jäger spielen eine entscheidende Rolle bei der Bekämpfung der ASP, da durch die verstärkte Jagd der Wildschweinbestand und damit das Ansteckungsrisiko reduziert wird.“

Allein im April und Mai 2025 wurden im Kreis Groß-Gerau rund 460 Wildschweine erlegt – beinahe so viele, wie durch die Seuche selbst ums Leben kamen.

„Die Jäger sind wichtige Partner und Verbündete bei der Bekämpfung der ASP. […] Unser Ziel ist es, durch gezielte Bejagung künftig wieder gesunde Schwarzwildbestände in den betroffenen Regionen zu ermöglichen“, ergänzte Stifter. Die Jägerschaft nehme ihren Hegeauftrag und die Verantwortung für die Tiergesundheit sehr ernst.

Wald, Wild und Wirtschaft betroffen

Klaus Velbecker, Leiter des Forstamtes Groß-Gerau, berichtete, dass auch die forstlichen Arbeiten stark eingeschränkt wurden. Zaunbau, Kadaverbergung und das Verschließen von Durchlässen seien enorme Zusatzaufgaben gewesen. Die Anpassung der Wildbestände, besonders beim Schalenwild, sei eine große Herausforderung.

Sofortige Maßnahmen mit Drohnen und Jagd

Patrick Fülling, Vorsitzender des Kreisjägervereins Groß-Gerau, schilderte, wie bereits am Tag des ersten Kadaverfundes Drohnenbefliegungen mit Wärmebildtechnik durchgeführt wurden. „Damals haben wir noch gehofft, dass sich das Geschehen eingrenzen lässt“, so Fülling. Doch die rasche Ausbreitung – etwa auf den Kühkopf – habe das Gegenteil gezeigt. Die rund 1.300 Wildschweine, die jährlich im Kreis erlegt würden, könnten aktuell nicht mehr vermarktet werden – auch negativ getestetes Wildbret sei derzeit vom Markt ausgeschlossen. Seit dem 1. April 2025 läuft die nächste Phase der Bekämpfung – mit noch intensiverer Bejagung. Fülling: „Eine Herkulesaufgabe.“

Fazit: Zukunft braucht Zusammenarbeit

„Der heutige Tag markiert keinen Schlusspunkt, sondern einen wichtigen Meilenstein“, sagte Adil Oyan. Die Afrikanische Schweinepest bleibe eine Herausforderung. Doch der gemeinsame Einsatz – von Politik, Verwaltung, Jägerschaft, Forst und Landwirtschaft – zeige Wirkung. Oder wie es Selina Müller ausdrückte: „Wir alle brauchen Landwirtschaft mit Zukunft. Auch mit ASP.“