Waschbären erfreuen sich in Teilen der Öffentlichkeit nach wie vor großer Beliebtheit. Doch während viele Menschen, die selbst noch keine Erfahrungen mit Waschbären gemacht haben, sie für niedlich halten, schlagen Wissenschaftler der Goethe-Universität Frankfurt nun deutliche Töne an: In einem neuen Positionspapier im Rahmen des Forschungsprojektes ZOWIAC (Zoonotische und wildtierökologische Auswirkungen invasiver Carnivoren) benennen sie deutlich die Bedrohung, die von der invasiven Art ausgeht – für heimische Tiere, aber auch für den Menschen. Der wissenschaftliche Faktencheck räumt mit weit verbreiteten Mythen auf und fordert konkrete Maßnahmen. Der Landesjagdverband Hessen (LJV) begrüßt diesen Schritt ausdrücklich und sieht sowohl die Praxiserfahrungen der Jägerschaft als auch die eigenen Forderungen, z. B. nach einer ganzjährigen Jagdzeit unter Beachtung des Elterntierschutzes sowie z. B. eine Förderung von Lebendfangfallen mit elektronischen Fangmeldern, durch das vorliegende Papier klar als bestätigt an.
Waschbären: Charmant, aber hochproblematisch
Mit geschätzten 1,6 bis 2 Millionen Tieren zählt der Waschbär heute zu den häufigsten Raubsäugern in Zentraleuropa. Dabei ist er in Deutschland nicht heimisch: Ursprünglich in Nordamerika beheimatet, wurde der Waschbär in den 1930er-Jahren in Hessen und Brandenburg ausgesetzt und breitete sich von dort aus rasant aus. Heute kommt er nahezu flächendeckend vor – auch in Hessen.
Die Forscher der Goethe-Universität zeigen: Die öffentliche Wahrnehmung als „putziger Neubürger“ steht im Widerspruch zu den realen Schäden. Waschbären dringen in Dachböden ein, zerstören Dämmungen, legen sogenannte Latrinen an und können Krankheiten übertragen. In Städten wie Kassel leben über 100 Tiere pro 100 Hektar – eine der höchsten Raubtierdichten Europas.
Gefahr für heimische Arten
Besonders dramatisch ist die Wirkung auf heimische Arten. Waschbären fressen die Gelege bodenbrütender Vögel, Amphibien und Reptilien. Studien und Beoachtungen belegen, dass sie gezielt Fortpflanzungsstätten aufsuchen und dabei weit mehr töten, als sie verwerten. Der Prädationsdruck ist enorm. Amphibien, die bereits durch Trockenheit belastet sind, geraten zusätzlich unter Druck. In Schutzgebieten gefährden Waschbären den Fortbestand sensibler Arten.
Faktencheck: Schluss mit den Märchen und Desinformationen
Das Positionspapier entlarvt neun zentrale Mythen rund um den Waschbären. So gibt es etwa keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass sich Waschbären schneller vermehren, wenn sie bejagt werden – ein weit verbreiteter Irrglaube, der auf einer falsch verstandenen US-Studie beruht. Auch das Bild vom „Matriarchat“, das durch Jagd destabilisiert werde, ist nicht haltbar: Waschbären leben nicht in sozialen Hierarchien wie etwa Wildschweine. Kastrationsprogramme sind laut EU-Recht zudem praktisch und rechtlich ausgeschlossen. Außerdem unterliegen Waschbären als Wildtiere dem Tierschutzgesetz sowie dem Tierversuchsrecht, welches an solche Eingriffe hohe Anforderungen stellt.
Position des Landesjagdverbandes Hessen
Der Landesjagdverband Hessen sieht sich durch die Studie bestätigt: Die intensive Bejagung des Waschbären ist zwingend notwendig. Im vergangenen Jagdjahr 2024/2025 wurden in Hessen 41.145 Waschbären zur Strecke gebracht – ein neuer Höchstwert.
„Der Waschbär gefährdet massiv Arten wie Rebhuhn, Kiebitz, Feldlerche, aber auch Amphibien, Reptilien und Feldhasen“, erklärt Markus Stifter, Pressesprecher des LJV. „Die Bejagung ist ein zentraler Baustein im Artenschutz – zusammen mit Lebensraumverbesserung und Nahrungssicherung.“ Auch Schäden an Gebäuden und Gärten nehmen zu, ebenso Berichte über aggressive Tiere in Wohngebieten.
Lob für die Landesregierung
Die schwarz-rote Koalition in Wiesbaden plant aktuell, die Schonzeit für Waschbären aufzuheben – ein Schritt, den der LJV ausdrücklich begrüßt und gefordert hat. „Die Schonzeit war ohnehin kontraproduktiv“, so der Verband. „Der gesetzliche Elterntierschutz aus dem Bundesjagdgesetz bleibt bestehen, aber die Populationskontrolle wird erleichtert.“
Was jetzt nötig ist
Um die Bejagung besser zu gestalten, fordert der LJV die Neuauflage eines Förderprogramms für Lebendfangfallen mit elektronischen Fangmeldern. Diese sind besonders nachts – der Hauptaktivitätszeit der Waschbären – ein wichtiges und sinnvolles Mittel für eine praxisgerechte Jagd. Vorbild sind Projekte wie das Rebhuhnprogramm in Südhessen, das sowohl vom LJV als auch vom DJV gefördert wird und das bereits erfolgreich Fallen einsetzt. Ziel müsse es sein, diese Maßnahmen wie auch eine revierübergreifende Koordination zu etablieren und über Landesmittel flächendeckend zu fördern.
Fazit
Das Positionspapier der Goethe-Universität bestätigt, was die Jägerschaft seit Jahren beobachtet: Der Waschbär ist kein harmloser Mitbewohner, sondern eine invasive Art mit erheblichen Folgen für unsere heimische Natur. Es braucht ein konsequentes Management – mit wissenschaftlicher Unterstützung, klarer politischer Linie und einem starken Engagement der Jägerschaft.
Denn eins ist klar: Nicht gefressen zu werden, kommt vor schönem Wohnen.
Download:
Das vollständige Positionspapier ist auf der Internetseite https://zowiac.eu/2025/07/08/faktencheck-waschbaeren/ kostenlos und ohne Anmeldung abrufbar.