Hessische Jägerschaft fordert Unterstützung bei der Fangjagd zur Sicherung des Artenschutzes

In Hessen nimmt die Anzahl von Beutegreifern wie Fuchs und Waschbär weiterhin stark zu, da sie in der von Menschen geprägten Kulturlandschaft zu den „Gewinnern“ gehören und sich nahezu ungehindert ausbreiten können. Damit andere Tierarten, wie das Rebhuhn, der Kiebitz oder auch die Gelbbauchunke noch eine Überlebenschance haben, gilt es, diese vor Fressfeinden zu schützen. Da Fuchs, Waschbär, Marder & Co. fast ausschließlich nachts unterwegs sind, ist die Jagd mit geprüften Lebendfangfallen ein wichtiges Instrument des Artenschutzes.

Wippbetonrohrfalle Typ Dose verblendet
Moderne Lebendfangsysteme, wie diese Wippbetonrohrfalle, sind bei Artenschutzprojekte für Amphibien oder Wiesenbrütern kaum noch wegzudenken. Umso unverständlicher die Entscheidung des hessischen Umweltministeriums, die Finanzierung von Maßnahmen des aktiven Prädatoren Managements aus Naturschutzmitteln zu untersagen. Foto: Dr. Nadine Stöveken

Doch das Hessische Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HMUKLV) hat kürzlich ohne fachliche Begründung den Regierungspräsidien untersagt, dieses aktive „Prädatoren-Management“ aus Naturschutzmitteln zu finanzieren. LJV und Vertreter des NABU kritisieren diese willkürlich getroffene Entscheidung und fordern dringend Nachbesserungen. Wiebke Knell, MdL, jagdpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, hat ihre Unterstützung zugesagt.

„Mühsam wiederhergestellte Biotope und Lebensräume in der Offenlandschaft dürfen nicht zur Futterquelle für Beutegreifer werden“, da sind sich LJV-Vizepräsident Dr. Nikolaus Bretschneider-Herrmann und Timo Spaniol, Mitglied im Arbeitskreis Amphibien und Reptilien des Naturschutzbundes (NABU) einig. Bretschneider-Herrmann verweist in diesem Zusammenhang auf die großräumige Einzäunung eines Brutvogelschutzgebietes im Mähried bei Staden. In der Wetterau wurden in den letzten Jahren mehr als zwei Millionen Euro investiert, um die Lebensräume insbesondere der Auenlandschaft wieder herzustellen. Ein bestandserhaltender Bruterfolg bedrohter Vogelarten wie dem Kiebitz blieb jedoch weiterhin aus und stellte sich erst ein, nachdem die Brutvögel durch die Errichtung eines Festzauns vor Beutegreifer geschützt waren. „Im Einzelfall können Zäunungen ein Instrument sein, um eine lokale Brutvogelpopulation zu schützen, aber es kann keine Lösung sein, ganze Landschaften einzuzäunen, zumal sich damit auch nur wenige Arten richtig schützen lassen. Die Arten, die außerhalb dieser Zäunungen brüten oder aufgrund ihrer territorialen Lebensweise oder des großen Bewegungsdrangs nicht eingezäunt werden können, bleiben außen vor und sind damit einem deutlich höheren Beutegreiferdruck ausgesetzt“, so Bretschneider-Herrmann.

„Hier ist ein begleitendes, aktives Prädatoren Management unbedingt notwendig“ fordert Bretschneider und erläutert, dass dies auch die bisherigen Erfahrungen aus einem weiteren Prädatorenmanagementprojekt, zeigen. Durch eine verstärkte Bejagung mittels unversehrt fangenden Lebendfallen konnten außerhalb des Schutzgebietes auch bei den nicht einzuzäunenden Offenlandarten wie dem Rebhuhn oder dem Feldhase enorme Populationszuwächse erreicht werden. Das dies nun nicht mehr oder nur noch in einzelnen, gut begründeten Ausnahmen zulässig sein soll, ist angesichts der bisherigen Ergebnisse aus der Wetterau kaum nachzuvollziehen.

Unverständnis für die Entscheidung des HMUKLV äußert auch Spaniol. „Gerade bei den Amphibien mussten wir in den letzten Jahren deutliche Verluste hinnehmen, da die anhaltende Trockenheit und der fehlende Niederschlag dazu geführt haben, dass immer weniger Tiere zum ablaichen gekommen sind oder der Laich schlichtweg vertrocknet ist. Kommt es durch Beutegreifer wie den Waschbären, der auch als „Amphibien-Experte“ charakterisiert wird, zu weiteren Verlusten, kann dies eine ganze Population auslöschen oder zu mindestens empfindlich schädigen. Die Einstellung der Finanzierung von Maßnahmen des aktiven Prädatoren-Managements gefährdet damit vorsätzlich und wissentlich die Bestände von bedrohten FFH Anhang II Arten wie der Gelbbauchunke“, so Spaniol. „Deutschland liegt im Schwerpunkt der Verbreitung der Gelbbauchunke und hat damit eine besondere Verantwortung für den Erhalt dieser Art. Das Land Hessen muss daher dafür sorgen, dass die Bestände durch den Einfluss des invasiven Waschbären nicht weiter schrumpfen“. Seiner Erfahrung nach stellt gerade die Fangjagd mit Lebendfallen eine gute Methode dar, effektiv Waschbären zu kontrollieren, ohne damit andere Arten in Ihrer Lebensweise zu stören.

Dass sich die Investition in Lebendfallen und der zeitliche Aufwand lohnen können, zeigt unter anderem ein Revier in der Hegegemeinschaft von LJV-Vorstandsmitglied Maarten Fijnaut. Ergänzend zur intensiven Ansitzjagd auf den Fuchs wird in dem Feldrevier seit mehr als fünf Jahren die Fangjagd ausgeübt. Dadurch konnte der Besatz an Feldhasen mehr als verdreifacht werden. Auch der Besatz an Rebhühnern und Fasanen hat sich erholt und die engagierten Jägerinnen und Jäger können sehr stolz darauf sein, dass in ihrem Revier – im Gegensatz zu vielen Revieren im Umkreis – überhaupt noch Rebhühner vorkommen. Fijnaut sieht in der Fangjagd vor allem ein großes Potential zur Eindämmung invasiver gebietsfremder Arten wie Waschbär, Marderhund und auch Nutria: „Die Lebendfallen gewährleisten einen tierschutzgerechten Fang und dadurch, dass sie 24 Stunden, also Tag und Nacht, bereit stehen, können sie gerade bei nachtaktiven Arten einen effektiven Eingriff in den Besatz ermöglichen“.

Auch viele andere Jägerinnen und Jäger sind bereit sich zu engagieren und Zeit und Geld zu investieren, um den Beutegreiferdruck besonders im Offenland zu reduzieren. Allerdings fördern Signale, wie der kürzlich verkündete Erlass, nicht das Vertrauen in die Politik und deren zukünftige Entscheidungen. Wer mehrere tausend Euro in Lebendfallen investieren möchte, benötigt aber das Vertrauen, dass die Fangjagd mit Lebendfallen in Hessen nicht ebenfalls ideologischen Vorstellungen zum Opfer fällt und der Einsatz auch die nächsten Jahre weiter möglich ist. „Wir fordern daher eine klare Positionierung der Landesregierung zum Thema Fangjagd mit Lebendfallen“, so Dr. Bretschneider-Herrmann und ergänzt, dass auch eine finanzielle Unterstützung bei der Anschaffung von Fallen und Fangmeldern angebracht sei, insbesondere dann, wenn sie in und um Schutzgebiete eingesetzt werden.

Hintergrund:

Moderne Fanggeräte entsprechen nicht den Mythen und Schreckensbildern, die man vielleicht mit dem Begriff der „Fallenjagd“ assoziiert. Die heutigen Lebendfallen gewährleisten einen tierschutzgerechten Fang und eine selektive Entnahme von Tieren aus der Wildbahn. So stellt ein internationales Abkommen sicher, dass nur Lebendfallen zum Einsatz kommen, die einen unversehrten Fang gewährleisten. Leider ist dieses Abkommen noch nicht endgültig im deutschem Jagdrecht verankert aber die Hersteller der modernen Lebendfallen nehmen die Vorgaben sehr ernst und lassen Ihre Fallen bereits jetzt schon von unabhängigen Instituten auf Einhaltung der Kriterien des sogenannten „agreement on international humane trapping standards (AIHTS)“ testen.

Eines dieser unabhängigen Institute, die Lebendfallen auf Einhaltung der AIHTS Kriterien getestet hat, ist der an der Justus-Liebig-Universität in Gießen ansässige Arbeitskreis Wildbiologie. Hier hat z.B. der Hersteller der Krefelder Fuchsfalle den Einsatz seiner Wippbetonrohrfalle in Kombination mit einem elektronischen Fangmelder für den Fang von Waschbären auf einwandfreie Funktion und tierschutzgerechtes Fangen überprüfen lassen und bescheinigt bekommen.

Meinungen aus der Politik

Auch Wiebke Knell, jagdpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion Hessen, hält die Fangjagd für einen wichtigen Beitrag zum Artenschutz und zur Eindämmung invasiver gebietsfremder Arten wie Waschbär, Marderhund oder Nutria. „Projekte wie das Bremer Blockland, der Großtrappenschutz oder das Vogelschutzgebiet am Dümmer See in Niedersachsen zeigen, dass eine bestandserhaltende Reproduktion bedrohter Vogelarten mit Maßnahmen zur Lebensraumverbesserung alleine nicht zu erzielen sind. Es ist daher unverständlich, warum per Erlass eine Finanzierung von Maßnahmen des aktiven Prädatoren-Managements aus Mitteln des Naturschutzes in Hessen nun zu unterbleiben hat. Zumal die im Erlass aufgeführten Ersatzmaßnahmen zur Vergrämung oder zum Ausschluss von Beutegreifern, wie die Vernässung oder Zäunung, oft nicht wirksam oder auf einer größeren Fläche nicht umsetzbar sind. Wir können weder die gesamten Schutzgebiete einzäunen noch wird eine vernässte Wiese den Waschbär davon abhalten, ein Kiebitzgelege auszuräubern“.

Wir sollten hier eher zu unseren Nachbarn in den Norden gucken“, so Knell weiter. „Niedersachsen, ein Bundesland, das ganz unbestreitbar über viel Erfahrung beim Schutz von Wiesenbrütern und Wasservögeln verfügt, geht nämlich einen ganz anderen Weg und hat erst zu Beginn des Jahres in einem Runderlass festgelegt, dass bei Einschränkungen der Jagd in Schutzgebieten die Verordnungen so zu erlassen sind, dass die Bejagung auf Prädatoren, also Beutegreifer, erhalten bleibt. Auch die Fangjagd als geeignetes Mittel bei der Prädatorenbejagung soll nicht beschränkt werden“.

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