Pläne für eine Biosphärenregion sind geplatzt

Nach einem Bericht auf hessenschau.de wird das Hessische Umweltministerium die Pläne für eine UNESCO-Biosphärenregion zwischen Rheingau, Wiesbaden und Taunus vorerst nicht weiter verfolgen. Der Kreistag des Rheingau-Taunus-Kreises hatte am Dienstag, 9. Juni 2020 mit den Stimmen von CDU, FDP, FWG und AfD den Entschluss gefasst, die mögliche Ausweisung einer Biosphärenregion abzulehnen und war damit der Argumentation von Jägern, Landwirten und der SDW gefolgt.

Das Hessische Umweltministerium wird die Pläne für eine UNESCO Biosphärenregion zwischen Rheingau, Wiesbaden und Main-Taunus vorerst nicht weiter verfolgen. Quelle: Screenshot https://www.machbarkeitsstudie-biosphaerenregion.de/

Bereits im Rahmen der Verbändebeteiligung hatte der LJV Hessen die Machbarkeitsstudie als Mitglied des Steuerungskreises begleitet und sich deutlich gegen eine Biosphärenregion ausgesprochen, wenn die Jagd in den Kern- und Pflegezonen auf ein Wildtier- oder gar ein reines Schalenwildmanagement reduziert wird. Vor einem Jahr legte der LJV eine ausführliche Stellungnahme dazu vor.

LJV begleitete Studie in fachbezogenen Arbeitsgruppen

Die Vertreter des LJV waren ständige Mitglieder in den fachbezogenen Arbeitsgruppen, die die Studie begleiteten. In diesen Fachgremien wurde zunehmend deutlich, dass kritische Beiträge keine entsprechende Berücksichtigung fanden. Beispielsweise wurde die Frage nie geklärt, warum eine eigene Biosphärenverwaltungseinheit gegründet werden soll, statt die zuständigen vorhandenen Fachbehörden entsprechend personell und finanziell aufzurüsten. Die finanzielle und personelle Infrastruktur, die für die Biosphärenregion notwendig gewesen wäre, wurde kleingeredet. Gleichzeitig wurde der Erwartungshorizont nicht nur im ökologischen Bereich, sondern auch in vielen anderen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereichen stetig erhöht.

Deutliche Abweichungen vom bestehenden Jagdrecht

Gemeinsam mit Dr. Werner Schütz, Vorsitzender des Jagdvereins Rheingau e. V. und Jürgen Kortus, Vorsitzender des Jagdklub Main-Taunus e. V., argumentierten LJV-Vizepräsident Dr. Nikolaus Bretschneider-Herrmann und die LJV-Biologin Dr. Nadine Stöveken auf zahlreichen regionalen Veranstaltungen über die deutlich vom bestehenden Jagdrecht abweichenden Regelungen. Die Jagd sollte nach den Forderungen der UNESCO-Statuten ausschließlich im Rahmen eines Wildtiermanagements oder eines reinen Schalenwildmanagements zulässig sein und wäre in den Kernzonen in die Hoheit einer Biosphärenverwaltung gelegt worden.

„Erhöhte Wildschäden wären damit vorprogrammiert. Neben den Wildschäden auf angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen, insbesondere, wenn diese nicht durch puffernde Pflegezonen geschützt sind, kann sich der ohnehin in der Region bestehende Konflikt ‚Wald und Wild‘ unter einer Biosphärendirektive verschärfen“,

so LJV-Vizepräsident Dr. Bretschneider-Herrmann.

Neu gegründetes Verbändebündnis

In dem im Frühjahr 2019 gegründeten „Bündnis für Freiheit und Zukunft in der Region“ engagierten sich u. a. die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, Familienbetriebe Land und Forst Hessen sowie die Kreisbauernverbände Main-Taunus, Rheingau-Taunus und Wiesbaden für eine entwicklungsfähige Region basierend auf Selbstbestimmung und einer nachhaltigen Wirtschaftsweise. Den Ergebnissen der im Hessischen Umweltministerium vorgestellten Machbarkeitsstudie, die mit einem erheblichen finanziellen und personellen Aufwand erstellt wurde, standen alle Bündnispartner skeptisch gegenüber. Die Studie liefere keine überzeugenden Ergebnisse, die das Projekt UNESCO-Biosphärenregion mit allen entstehenden Einschränkungen für Gesellschaft und Wirtschaft der Region für die kommenden Jahre und Jahrzehnte rechtfertigen, bekräftigten die Akteure im Oktober 2019 in einer gemeinsamen Pressemitteilung.

Kreistag des Rheingau-Taunus-Kreises lehnt Ausweisung einer Biosphärenregion ab

Diese Frage stand auch im Mittelpunkt der Diskussionen im Kreistag am vergangenen Dienstag. CDU-Fraktionsvorsitzender André Stolz ging in seinem Vortrag auch auf die Rechtsgrundlagen ein. Nach dem Bundesnaturschutzgesetz seien Biosphärenreservate wie Naturschutzgebiete oder Landschaftsschutzgebiete zu schützen. Sein eindeutiges Fazit: Die Risiken und offenen Fragen sind größer als der Nutzen. „Ziele wie nachhaltiges Wirtschaften, umweltgerechte Entwicklung, Direktvermarktung können auch ohne eine Biosphärenregion auf freiwilliger Basis mit dem Zugang zu den gleichen Fördertöpfen etabliert werden“, führte Stolz in seinem Fazit aus.

Nach der Beschlussfassung im Kreistag des Rheingau-Taunus-Kreises sehe das Umweltministerium nun keine Grundlage mehr für die Antragsstellung. Gegenüber hessenschau.de sagte Ministerin Priska Hinz (Grüne): „Ich bedauere, dass der Kreistag die Debatte beendet hat.“ Das Angebot des Landes, eine Biosphärenregion zu unterstützen, bliebe aber bestehen.

„Diese Aussage der Ministerin hinterlässt den Eindruck, dass die sachlich kritischen Argumente der Betroffenen gegen die Biosphärenregion nicht verinnerlicht wurden und ein zweiter Versuch damit nicht ausgeschlossen erscheint“,

so Dr. Werner Schütz abschließend.

 

Download:

Stellungnahme des LJV Hessen zur Machbarkeit einer Biosphärenregion Main-Taunus-Wiesbaden-Rheingau

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