Pressemeldung: Hessische Naturschutzverbände machen sich die Welt, wie sie ihnen gefällt!

Der NABU hatte unter der Überschrift „Keine Jagd auf Rote-Liste-Arten – Naturschutzverbände begrüßen die ganzjährige Schonzeit für Rebhuhn und Feldhase“ eine Pressemitteliung verbreitet (siehe hier). Der Landesjagdverband Hessen e. V. hat darauf prompt mit einem Kommentar reagiert und eine entsprechend fachlich fundierte Richtigstellung über unseren Medienverteiler versendet:

Feldhase
Symbolbild Quelle: Rolfes/DJV

„Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt widewitt-bumm-bumm!“

Hessische Naturschutzverbände erliegen der Pippi-Langstrumpf-Illusion einer heilen Welt und verlassen damit endgültig die Basis einer zukunftsfähigen und nachhaltigen, weil tragfähigen Naturschutzpolitik.

Die Ergebnisse des Feldhasenmonitorings der hessischen Hegegemeinschaften, die vom Arbeitskreis Wildbiologie der Justus-Liebig-Universität Gießen wissenschaftlich begleitet wurden und stabile und nachhaltige bejagbare Feldhasenbestände belegen, werden in der Pressemeldung der NGOs trotz besseren Wissens völlig ignoriert. Besonders verwunderlich ist auch, dass sich Vertreter des BUND und der HGON erst im November 2021 in der „Expertenrunde zur Diskussion zur Bewertung der jagdbaren Arten im Rahmen der Überarbeitung der Roten Liste der Säugetiere Hessens“ in einer Online-Veranstaltung des Instituts für Tierökologie und Naturbildung dem Vorschlag, den Feldhasen in der Roten Liste von Gefährdungsgrad 3 auf die Vorwarnliste (nicht im Bestand gefährdet) herunterzustufen, einstimmig angeschlossen haben. Nun sprechen sie sich wohl aus politischem Kalkül heraus gegen die Bejagung des Feldhasens unter Bezugnahme auf die gleiche Rote Liste aus.

Im Folgenden finden Sie einen Kommentar des Landesjagdverbandes Hessen sowie eine Richtigstellung:

Wäre das nicht schön, die Probleme dieser Welt auf einen Schlag für alle Zeit zu lösen, nur durch Träumen? Leider hilft solche naive Träumerei am Ende in den seltensten Fällen, die harte Realität zu verdrängen. Es gilt in Anbetracht der riesigen Herausforderungen unserer Zeit endlich die Realitäten zur Kenntnis zu nehmen, genau hinzuschauen, die Komplexität zwischen dem einzelnen Menschen, der Umwelt, der Wirtschaft und der Gesellschaft als Ganzes wenigstens versuchen zu verstehen und schließlich gemeinsam und ohne Tabus nach Lösungen zu suchen und in die Tat umzusetzen. Es bewahrheitet sich mal wieder aufs Neue das Zitat von Alexander von Humboldt: „Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung derjenigen, die die Welt nie angeschaut haben.“

Worum geht es konkret?

Das Hessische Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HMUKLV) beabsichtigt, mit der anstehenden Novellierung der Hessischen Jagdverordnung den Wildarten Feldhase und Rebhuhn eine ganzjährige Schonzeit aufzuerlegen. Man könnte meinen „Das ist doch gut! Endlich Schluss mit dem Töten!“. Wobei man nicht vergessen darf, das sei an dieser Stelle schon einmal vorweggenommen, dass Staat und einige Naturschutzverbände gerade vehement das rigorose Abschießen von Reh und Hirsch einfordern und nicht nur mit Verkürzung von Schonzeiten auch praktizieren (lassen), „damit der Wald wieder wächst“. Auch diese höchst banale Schlussfolgerung wird einer genaueren Betrachtung letzten Endes nicht standhalten können.

Aber zurück zur Novelle der Jagdverordnung: Was liegt da für einige Naturschutzverbände näher, die Feder zu spitzen und ins Horn der Heilsverkünder zu stoßen! „Die Jagd auf bestandsbedrohte Arten muss endlich aufhören!“, tönt da Herr Nitsch vom BUND. Emotionaler, populistischer und auf Fake News basierend kann man eine politische Forderung, „untermauert“ nur durch einseitige, noch dazu völlig überholte „Erkenntnisse“, wohl nicht zum Ausdruck bringen. Ist damit wirklich alles gesagt, erkannt und auf den Punkt gebracht? Mitnichten.

Macht man sich mal die Mühe, bezüglich Feldhase und Rebhuhn die Fakten und Entwicklungen der letzten Jahrzehnte genauer zu beleuchten und zusammenzutragen – was in Pippi Langstrumpfs Welt selbstredend nicht vorkommt – wird die weitere „Begründung“ des NABU, mehr Brachflächen zu fordern, schlicht zur Verdrehung bis hin zur Ignoranz der Realitäten.

Bereits Ende der neunziger Jahre, als mit der Europäischen Agrarpolitik (GAP) die Zwangsstilllegung von Ackerflächen eingeführt wurde, um damit unter anderem die „Überproduktion“ von Getreide einzudämmen (so ändern sich die Zeiten!), und noch niemand in Deutschland das Wort „Blühfläche“ kannte, geschweige denn „mehr Brachflächen“ forderte, waren es die hessischen Jägerinnen und Jäger unter der Führung des Landesjagdverbandes Hessen, die im Rahmen ihres damals innovativen „Offenlandartenprojektes“ die wildtierfreundliche Begrünung auf diesen Zwangsstilllegungen, immerhin ca. 30.000 Hektar in Hessen, nicht nur einforderten, sondern auch in die Tat umsetzten. In der Folge wurde Anfang der zweitausender Jahre – wiederum erstmals von der Jägerschaft in Abstimmung mit einzelnen landwirtschaftlichen Betrieben – die Anlage von Blühflächen auf nicht zwangsstillgelegten, also noch produktiv genutzten Ackerflächen gegen Zahlung einer angemessenen Entschädigung, wohlgemerkt aus privaten Projektmitteln, beispielhaft realisiert und um Kooperationsbereitschaft bei den hessischen Imkern geworben, weil schon damals erkannt wurde, dass Zwangsstillegungen zur Eindämmung von Überproduktion nicht von Dauer sein werden und diese für Lebensraumverbesserungen im Offenland nicht auf ewig zur Verfügung stehen werden. Damit wurde von der hessischen Jägerschaft ganz nebenbei schon vor über 20 Jahren der Grundstein für die heute in ganz Deutschland als Standard eingeführten, mit staatlichen Mitteln als „Agrarumweltmaßnahme“ geförderten Blühflächen gelegt!

Damit ist die Liste der außerordentlich erfolgreichen Aktivitäten der hessischen Jägerschaft zur Verbesserung der Lebensraumsituation von Offenlandarten bei weitem noch nicht abschließend geschildert. Neben Maßnahmen zur Biotopverbesserung stehen den Jägern, anders als den anderen Naturschutzverbänden nämlich noch weitere Werkzeuge zur Verfügung. So werden in vielen Revieren keine Kosten und Mühen gescheut, um durch eine intensivierte Bejagung des Raubwilds den Beutegreiferdruck zu senken oder die Feldarten in Zeiten des Nahrungs- oder Wassermangels mit Fütterungen oder Tränken zu unterstützen.

Es ist beschämend und bestürzend, mit welcher ignoranten Arroganz einzelne „tonangebende“ Naturschutzverbände in Hessen gegen eine gesellschaftliche Gruppe Stimmung machen, die nachweislich konkrete Maßnahmen im Kontext der örtlichen Gegebenheiten auf großer Fläche für nicht nur in ihrer Verantwortung stehende, zum Teil bedrohte Arten plant, umsetzt und dauerhaft betreut. Die Jagd, wie sie in Hessen praktiziert und gelebt wird, ist eine nachhaltige Form der Naturnutzung im Sinne deren Erhaltung für nachkommende Generationen und verdient gleichermaßen die gesellschaftliche Akzeptanz wie eine nachhaltige Forstwirtschaft, Landwirtschaft und Fischerei. Staatlicher Überdirigismus vergiftet Eigeninitiative, „Käseglockennaturschutz“ bleibt am staatlichen Tropf hängen und beides verneint Eigenverantwortung des Eigentums und führt aus Nachhaltigkeitsgesichtspunkten daher zwangsläufig in die Sackgasse. Ein Gesprächsangebot des Landesjagdverbandes an den BUND Hessen im Vorfeld öffentlicher Bekundungen wurde leider ausgeschlagen.

Hintergrund

Feldhase: In der Pressemeldung der NGOs NABU, HGON und BUND wird ausschließlich auf veraltete Veröffentlichungen zur Darstellung der Besatzsituation des Feldhasen zurückgegriffen. So entwickeln sich die Besätze gerade in letzten fünf Jahren positiv und auch im Frühjahr 2022 konnte der DJV den Aufwärtstrend beim Feldhasen in den bundesweiten Referenzgebieten bestätigen (PM Deutscher Jagdverband vom 08. April 2022).

Für Hessen ergibt sich hier noch ein klareres Bild: Die Auswertung der Ergebnisse der Feldhasentaxation in den rund zwanzig hessischen Referenzrevieren zeigt ebenfalls ein sehr positives Bild (siehe Abbildung oben). Bestätigt wird dies durch die Jägerinnen und Jäger draußen in den Revieren, die sich über „so viele Feldhasen wie schon lange nicht mehr“ freuen. Beispiele der Entwicklung der Feldhasenbesätze aus drei Revieren in Hessen haben wir beigefügt. In allen Revieren werden intensive Hegemaßnahmen umgesetzt.

Auch die Ergebnisse des Feldhasenmonitorings der hessischen Hegegemeinschaften, die vom Arbeitskreis Wildbiologie (Justus-Liebig-Universität Gießen) wissenschaftlich begleitet worden sind, werden in der Pressemeldung der NGO´s trotz besseren Wissens völlig ignoriert.  Diese zeigen nämlich ganz eindeutig, dass der Feldhase in seinen natürlichen Verbreitungsschwerpunkten in Hessen in guten Besätzen vorkommt und im Rahmen des jährlichen Zuwachse nachhaltig bejagt werden kann. Außerdem wäre es hier auch angemessen anzuerkennen, dass die wissenschaftlich begleiteten Zählungen auch nachgewiesen haben, dass die Bejagung des Feldhasen als nachhaltige Nutzung von Wildbeständen sehr schonend erfolgt. So haben die hessischen Jägerinnen und Jäger nicht einmal 10% der Feldhasen erlegt, die sie nach den Empfehlungen der Obersten Jagdbehörde im Rahmen des Zuwachses hätten erlegen können (Siehe Abbildung und Bericht im Anhang).

Quelle: Pressegrafik LJV Hessen

 

Verwunderlich ist auch, dass in der NABU-PM zwar auf die Bewertung des Feldhasen und des Rebhuhns in der roten Liste eingegangen wird, aber verschwiegen wird, dass aktuell eine neue Bewertung der roten Liste für die Säugetiere Hessens erfolgt, die in den kommenden Monaten veröffentlicht werden soll. Im Rahmen einer Expertenrunde, der auch Mitglieder bzw. Mitarbeiter des HGON sowie des BUND Hessen angehörten, wurde am 23.11.2021 über die Vorschläge der Wissenschaftler zur Neubewertung des Gefährdungszustandes jagdbarer Säugetierarten diskutiert. In dieser Runde waren sich alle Teilnehmer darüber einig, dass die Bewertung aus dem Jahr 1996 den aktuellen Gefährdungszustand für den Feldhasen nicht korrekt wiedergibt und aktuellerer Daten eine deutlich bessere Bestandsituation zeigen, so dass dem Vorschlag der Wissenschaftler den Feldhasen von Kategorie 3 (gefährdet) in Kategorie V (Vorwarnliste) einzustufen, einstimmig zugestimmt wurde. Eine ähnliche Neubewertung soll auch für den Baummarder erfolgen, außerdem ist in dem Entwurf der aktualisierten Roten Liste auch das Schalenwild mit einer Bewertung aufgeführt.

Es verwundert daher auch, dass in der Pressemeldung des NABU die vom Ministerium veranlasste Ausweitung der Jagdzeiten für das wiederkäuende Schalenwild ausschließlich begrüßt wird, ohne kritisch anzumerken, dass Wildbiologen sich wegen der zunehmenden genetischen Verarmung und deren negative Auswirkung auf die Gesundheit der Tiere Sorgen um den Erhalt des Rotwildes in Hessen machen.

Rebhuhn: Das Rebhuhn ist, wie in der Pressemeldung der NGOs richtig ausgeführt als „stark gefährdet“ in der Roten Liste aufgeführt und die Besätze sind den letzten Jahrzehnten drastisch zurückgegangen. Eine Bejagung ist in Hessen seit 2020 wieder erlaubt, wenn die Besatzdichten und der Zuwachs bestimmte Schwellenwerte erreichen und somit ein ausreichender Besatz vorliegt. Die Schwellenwerte für die Bejagung sind dabei so hoch angelegt, dass nur Reviere, die eine sehr intensive Hege (Verbesserung des Lebensraums, Raubwildbejagung und Fütterung) betreiben diese Werte überhaupt erreichen können. Es ist zudem vorgegeben, dass eine Bejagung nur zulässig ist, wenn auch in der Nachbarschaft des Reviers ein stabiler Besatz vorhanden ist. Dies sichert nicht nur den Besatz auf einer größeren Fläche, sondern hat auch zufolge, dass Reviere die vorher nicht ganz so intensive Hegebemühungen umgesetzt haben sich mehr einbringen. Das Rebhuhn ist wie der Feldhase eine Leitart der Agrarlandschaften, das bedeutet, dass Hegemaßnahmen für diese beiden Arten auch allen anderen Feldarten zugutekommen und die überwiegend privat finanzierten Leistungen der Jägerinnen und Jäger damit direkt dem Natur- und Artenschutz im Offenland dienen.

Seit 2020 wurden in ganz Hessen drei Rebhühner jagdlich entnommen. In derselben Zeit sind über 500 tot aufgefundene Rebhühner (Verkehrsunfall, Prädation, Krankheiten) als sogenanntes Fallwild gemeldet worden (Quelle: Streckenliste Land Hessen Jagdjahre 2020/21 – 2021/2022). In der Hegegemeinschaft in der die Bejagung erfolgte, werden auf über 8.000 ha Offenlandfläche Maßnahmen zum Schutz des Rebhuhns und anderer Offenlandarten umgesetzt. Der Frühjahrsbesatz lag in den letzten beiden Jahren bei durchschnittlich 2,8 Brutpaaren je 100 ha Offenlandfläche. Im Herbst wurden durchschnittlich 18,2 Rebhühner je 100 ha Offenland gezählt (Spitzenreviere in dieser Hegegemeinschaft sogar bis zu 50). Nach Angaben des DJV liegt der bundesweite Durchschnitt derzeit bei ca. 0,36 Brutpaaren je 100 ha Offenlandfläche (DJV Pressemeldung vom 23. Juni 2022). Das Beispiel zeigt, dass die Maßnahmen der Jägerinnen und Jäger Wirkung zeigen.

Die Bejagungsmöglichkeit als Anreiz für die Umsetzung von zeit- und kostenintensiven Hegemaßnahmen hat sich mehr als bewährt und entspricht auch der europäischen Vogelschutzrichtlinie, die eine solche Ausnahme bei der Bejagungsregelung ausdrücklich vorsieht. Eine ganzjährige Schonzeit würde angesichts der derzeitigen Jagdstrecke (3 Rebhühner in drei Jahren) keine positive Auswirkung auf die Populationsentwicklung haben, im Gegenteil, durch den fehlenden Anreiz und die Enttäuschung über nicht eingehaltene Zusagen des hessischen Umweltministeriums würden viele Jäger und Jägerinnen ihr Engagement in Frage stellen. Dass die Jägerinnen und Jäger mit der Möglichkeit der Bejagung sehr verantwortungsvoll umgehen, sieht man daran, dass nach den Empfehlungen der Obersten Jagdbehörde in der erwähnten Hegegemeinschaft sogar mehr als hundert Rebhühner hätten entnommen werden dürfen.

Brachflächen: In der Tat sind Brachflächen ein wichtiges Element des Natur- und Artenschutzes im Offenland. Sollten diese in Zukunft vermehrt wegfallen, wird das Engagement der Jägerinnen und Jäger im Offenland umso wichtiger sein. Im Gegensatz zu anderen Verbänden stehen der Jägerschaft zusätzlich die Instrumente der Raubwildbejagung und Fütterung zur Verfügung. So könnten auch schwierige Zeiten überbrückt und die Besätze erhalten und gefördert werden. Das diese beiden Maßnahmen einen wichtigen Beitrag zum Artenschutz im Offenland leisten können, beweisen heute schon Reviere in landwirtschaftlich sehr intensiv genutzten Gebieten, die trotz eingeschränkter Möglichkeiten zur Lebensraumverbesserung vergleichsweise hohe Herbstbesätze von Rebhühnern (> 40 -50 Rebhhühner/ 100 ha Offenland) oder Feldhasen (> 100 Feldhasen/ 100 ha Offenland) aufweisen. Der Erhalt der Bejagungsmöglichkeit von Feldhasen und Rebhuhn als Anreiz für die Umsetzung von Natur- und Artenschutzmaßnahmen ist daher unbedingt beizubehalten. Dass die Jägerschaft sehr verantwortlich damit umgeht, hat sie mehr als bewiesen.

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