Rotwild im Spannungsfeld des Waldumbaus – Wald mit Wild ist möglich

Das Rotwild als größte heimische Säugetierart gerät durch die im Frühjahr veröffentlichte Schalenwildrichtlinie in einigen Rotwildgebieten Hessens in starke Bedrängnis. Die Forderungen nach immer höheren Abschusszahlen gefährden in einigen Rotwildgebieten wie z. B. im Krofdorfer Forst und im Rotwildgebiet Wattenberg-Weidelsburg die Gesundheit und Fitness der Tiere, denn dort ist die genetische Basis bereits stark eingeschränkt.

Änderung der Richtlinie für die Hege und die Bejagung des Schalenwildes in Hessen 2019
Foto: Rolfes/DJV

Dies zeigten die Frühjahr veröffentlichten Ergebnisse der hessenweiten Rotwildgenetik-Studie, die von Prof. Dr. Dr. Gerald Reiner (JLU) erstellt wurde.
Um den geplante Waldumbau erfolgreich umsetzen zu können, sind intelligente Konzepte nötig, die an regionale Erfordernisse anzupassen sind. Der Landesjagdverband hat dafür einen 4-Punkte-Plan vorgelegt und fordert Umweltministerin Priska Hinz zu einem lösungsorientieren Dialog auf.

„Eine pauschale Erhöhung der Abschusszahlen und eine großflächige Bejagung nach dem Gießkannenprinzip kann nicht die Lösung sein, um Wildschäden durch Verbiss an Knospen und Trieben oder das Schälen der Baumrinde zu verringern. Das Wild gehört zum Wald und ist Teil der Artenvielfalt und der Biodiversität“,

so Prof. Dr. Jürgen Ellenberger, Präsident des Landesjagdverbandes Hessen.

Die Wilddichte allein spiele nicht die Rolle, erklärte kürzlich der renommierte Wissenschaftler Prof. Dr. Dr. Sven Herzog von der Technischen Universität Dresden bei einem Vortrag auf dem „Hessischen Tag des Rotwildes“. Bei festgestellten Verbiss- oder Schälschäden müsse die Frage gestellt werden, ob wir tatsächlich zu viel Wild haben oder ob andere Gründe eine Rolle spielen. Intelligente Konzepte müssten neben dem Waldbau und den forstlichen Zielen auch ein Überwinterungsmanagement, das Ruhebedürfnis sowie die Lenkbarkeit des Wildes als auch den Tierschutz mit einbeziehen.

„Zu einem nachhaltigen Rotwildmanagement gehört eine ganzheitliche Betrachtung, da Wildschäden im Wald auch auf andere Ursachen zurückgeführt werden können und ein erhöhter Jagddruck sich sogar negativ auf die Schäden im Wald auswirken kann“,

so Ellenberger weiter.

Die Hegegemeinschaften sind kompetente Ansprechpartner und einige haben in Zusammenarbeit mit dem Landesjagdverband bereits Lebensraumkonzepte vorgelegt, die weitere Einflussfaktoren wie z. B. den Freizeitdruck durch Spaziergänger, Jogger und Mountainbiker berücksichtigen.

Auf der Basis dieser Lebensraumkonzepte und der wissenschaftlichen Erkenntnisse von Prof. Dr. Dr. Sven Herzog hat der Landesjagdverband einen 4-Punkte-Plan erarbeitet:

4-Punkte-Plan: Wald mit Wild ist möglich

  1. Die Bejagung des Rotwildes soll schwerpunktmäßig dort erfolgen, wo Schäden festgestellt wurden, an Neuanpflanzungsflächen oder dort, wo die natürliche Verjüngung des Waldes vorangetrieben werden soll. Die verantwortlichen Hegegemeinschaften und Revierpächter werden in die geplanten waldbaulichen Maßnahmen einbezogen und erarbeiten mit den Forstämtern vor Ort einen Plan zur Schwerpunktbejagung auch revierübergreifend.
  2. Im Gegenzug werden in weniger gefährdeten Waldbereichen Wildruhezonen mit Grünlandflächen zur Äsung eingerichtet und im Rahmen von Neuanpflanzungen spezielle Verbissgehölze wie Weiden, Aspen, Pappeln oder Eberesche angelegt, die auch für viele anderen Arten vom Schmetterling bis zum Eisvogel neue Lebensräume bieten.
  3. Mittelfristig müssen die festgelegten Rotwildgebiete in Hessen aufgelöst werden. Stattdessen müssen Bewegungsräume mit Leitstrukturen, Ruhezonen und Querungshilfen über Autobahnen und Bundesstraßen geschaffen werden, um Lebensräume wieder zu vernetzen und somit einen genetischen Austausch und ein gesundes und vitales Leben der Wildtiere zu ermöglichen.
  4. Auf Basis der erstellten Lebensraumkonzepte und der Erfahrungen der Hegegemeinschaften und der Jägerschaft vor Ort werden andere Einflussfaktoren, wie z. B. der Freizeitdruck analysiert und in waldbauliche Planungsmaßnahmen mit einbezogen. So können attraktiv gestaltete und gut ausgebaute und beschilderte Wanderwege zu einer Reduzierung von Stressfaktoren auf das Wild führen und damit Wildschäden weiter verringern.

Bereits am 9. September 2019 hat LJV-Vizepräsident Dr. Nikolaus Bretschneider-Herrmann den Artikel “Das Negative ins Positive wenden – Wald und Wild ist möglich und eine Chance für die Biodiversität” veröffentlicht.

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