„Die Wölfin wurde erstmals am 1. August 2019 an einem gerissenen Stück Rotwild nahe Herlefeld im Schwalm-Eder-Kreis genetisch nachgewiesen. Zwischen Oktober und November 2019 wurde dasselbe Tier ebenfalls an mehreren gerissenen Schafen in der Region nachgewiesen, zuletzt am 2. November in Sontra im Werra Meißner-Kreis. Eine Genprobe, die am 10. März 2020 von einem ehrenamtlichen Rissgutachter des HLNUG an einem Stück Rotwild bei Schemmern genommen wurde, hat nun erneut den Nachweis dieses Individuums erbracht. Damit gilt diese Wölfin in diesem Gebiet als standorttreu.
Erst Anfang März war das erste Wolfsterritorium für Hessen seit 2011 bestätigt worden – dieses liegt im Vogelsberg in der Gegend um Ulrichstein. Die so genannte „Ulrichsteiner Wölfin“ ist seit mindestens 12. Juli 2019 im Vogelsberg ansässig. Seit Anfang 2019 konnte das HLNUG zehn verschiedene Individuen in Hessen nachweisen – vier davon wurden zwischenzeitlich überfahren, ein Rüde ist nach Nordrhein-Westfalen abgewandert.“,
so das HLNUG in einer Pressemeldung vom 16.04.2020
Der LJV veröffentlicht nun bereits vorab eine Artikelhistorie zum Wolf in Hessen, welcher parallel in der Mai-Ausgabe des Hessenjägers erscheinen wird:
Wolf in Hessen
Seit 20 Jahren sind Wölfe wieder in Deutschland heimisch und erobern von Sachsen ausgehend nach und nach die weiteren Bundesländer. Auf ihren langen Wanderungen zieht es sie auch nach Hessen, so dass auch in unserem Bundesland in den letzten 12 Jahren immer wieder Wölfe nachgewiesen werden konnten. Meist handelt es sich hierbei um junge durchziehende Tiere, die auf ihren Wanderungen viele hunderte Kilometer laufen können. Der einzige Wolf, der bisher länger in Hessen verweilt hat wurde Reini getauft, da er sich zwischen 2008 und 2011 den schönen Reinhardswald als sein Territorium ausgesucht hatte. Auch in den darauffolgenden Jahren konnten immer wieder Wölfe bestätigt werden, länger geblieben ist bis vor kurzem jedoch keiner. Zwischen 2011 und 2017 wurden so in ganz Hessen 11 gesicherte Wolfsnachweise, sogenannte C1-Nachweise, gemeldet. In 2018 hat es scheinbar keinen Wolf nach Hessen verschlagen, jedenfalls wurden in diesem Jahr keine Sichtungen gemeldet oder Wölfe anhand von genetischen Spuren nachgewiesen. In 2019 waren dafür umso mehr Wölfe in Hessen unterwegs, so dass mit 36 C1-Nachweisen für das gesamte Jahr dreimal so viel Nachweise verzeichnet worden sind, als zusammengenommen in den neun Jahren zuvor. Aktuelle Nachweise zeigen, dass sich zwei dieser Wölfe in Hessen wieder angesiedelt haben.
Durch die Analyse genetischer Spuren von Rissen, Losungen oder Gewebeproben tot aufgefundener Tiere konnten zwischen Februar 2019 und April 2020 zehn individuelle Wölfe bestätigt werden.
Wölfin GW1166f („Ulrichsteiner-Wölfin“)
Die Wölfin GW1166f war der erste sichere Wolfsnachweis 2019. Ihre DNA konnte am 21.02.2019 bei einem Riss an einem Reh bei Kathus im Kreis Hersfeld-Rotenburg nachgewiesen werden. Die Wölfin zog dann vermutlich weiter und siedelte sich in der Region um Ulrichstein (Vogelsbergkreis) an. Hier konnte ihr im Juli 2019 durch eine genetische Untersuchung eine Losungsprobe zugeordnet werden. Da weitere Nachweise im Laufe des Jahres folgten und die Wölfin durch unterschiedliche genetische Proben inzwischen über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten in der Region bestätigt werden konnte, gilt sie nun als sesshaft und die Region um Ulrichstein als Wolfsterritorium.
Wölfin GW1194f Ɨ
Die Wölfin GW1194f ist am 27. Februar 2019 bei Steinperf im Landkreis Marburg Biedenkopf durch die genetische Untersuchung einer Speichelprobe von einem Riss an einem Reh nachgewiesen worden. Einen Tag später ist diese Wölfin bei einem Autounfall auf der A45 bei Herborn im Landkreis Marburg-Biedenkopf verendet.
Wölfin GW1142f
Die Wölfin GW1142f wurde bisher nur einmal nachgewiesen. Ihre genetischen Spuren fanden sich in Speichelproben bei zwei Schafsrissen in Ahlheim-Licherode im Landkreis Hersfeld-Rotenburg Ende März 2019.
Wölfin GW1227f Ɨ
Bei einem Riss an drei Schafen Mitte April 2019 in Mittelkalbach im Landkreis Fulda konnten genetische Spuren der Wölfin GW1227f festgestellt und diese als Verursacherin identifiziert werden. Die Wölfin wurde am 29.09.2019 im Jossgrund im Main-Kinzig-Kreis tot aufgefunden und verendete durch einen Verkehrsunfall.
Wolfsrüde GW1258m
Der Wolfsrüde GW1258m hat am 22.04.2019 bei Zierenberg im Landkreis Kassel Schafe gerissen und konnte im weiteren Verlauf des Jahres in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen durch genetische Untersuchungen an weiteren Rissen bestätigt werden. In Hessen wurde dieser Wolf bisher nicht mehr nachgewiesen.
Wölfin GW1409f (Stölzinger Gebirge)
Wie die „Ulrichsteiner Wölfin“, konnte auch GW1409f über einem Zeitraum von mehr als sechs Monaten in einer Region in Hessen durch die Analyse von genetischen Spuren nachgewiesen werden und gilt nun als sesshaft. Der erste Nachweis der Wölfin GW1409 gelang am 01.08.2019 durch die Beprobung eines Rotwildrisses in Herlefeld im Landkreis Schwalm-Eder. Auch im weiteren Verlauf des Jahres konnte die Wölfin im Bereich des Stölzinger Gebirges immer wieder bestätigt werden. Der aktuellste Nachweis genetischer Spuren dieser Wölfin stammt von einem Rotwildriss, der am 10. März 2020 in Waldkappel-Schemmern untersucht worden ist.
Wölfin GW1422f
Genetische Spuren der Wölfin GW1422f konnten am 19.10.2019 an einem Schafsriss in Poppenhausen-Abstroda im Landkreis Fulda nachgewiesen werden. Die Wölfin stammt aus dem Göritz-Klepziger Rudel in Brandenburg und wurde bislang in Hessen nur einmal nachgewiesen.
Rüde GW1414m
Auch der Rüde GW1414 konnte in Hessen bisher nur einmal nachgewiesen werden. Seine DNA fand sich bei der genetischen Untersuchung eines Schafsrisses am 23.10.2019 in Malsfeld-Sippershausen im Landkreis Schwalm-Eder.
Rüde GW1484m Ɨ
Der Rüde GW1484m ist am 28.01.2020 in Frankfurt-Sachsenhausen von einem PKW erfasst und getötet worden. Die genetische Analyse zeigte, dass der Wolf, den in Deutschland seltenen Haplotyp HW02 aufwies. Als genetische Herkunft ist in der DBB-Wolfsdatenbank das Rudel in Schneverdingen (Niedersachsen) angegeben. Der Wolf war bereits älter als ein Jahr und damit ein Altwolf.
Wölfin GW1487f Ɨ
Am 05. Februar ist ein weiterer Wolf in Hessen leblos aufgefunden worden. Die Wölfin GW1487f ist vermutlich am Ostbahnhof in Wiesbaden mit einem Zug kollidiert. In der Wolfsdatenbank des DBB ist das Rudel Hoher Fläming (Brandenburg/Sachsen-Anhalt) als genetische Herkunft angegeben, eine Angabe zum Alter wird dort nicht gemacht.
Aktualisierung Wolf in Reichelsheim (Odenwaldkreis) 28.04.2020:
Auch im Odenwaldkreis konnte seit 2017 wieder ein Wolf beobachtet und am 25.04.2020 in Reichelsheim fotografiert werden. (https://www.hlnug.de/themen/naturschutz/tiere-und-pflanzen/arten-melden/wolf)
Karte: gesicherte Wolfsnachweise in Hessen (02/2019-04/2020)
Jäger – Fachkundige und zuverlässige Partner beim Monitoring großer Beutegreifer
Mit der zunehmenden Ausbreitung der Wölfe in Deutschland ist auch in Zukunft mit dem Auftauchen von Wölfen in Hessen zur rechnen. Ob und wann sich hier weitere Wölfe etablieren und ein Territorium bilden ist auch weiterhin kaum vorhersagbar. Umso wichtiger ist es zu wissen, wo sich die die Wölfe in Hessen aufhalten und wo sie sich eventuell sogar ansiedeln. Melden Sie daher alle Hinweise auf eine mögliche Anwesenheit von Wölfen oder anderen großen Beutegreifern (Luchs, Goldschakal) in Ihrem Revier dem hessischen Wolfsmonitoring und dem LJV. Als Ansprechpartner aus den Reihen der Jägerschaft stehen Ihnen hier unsere Wolfbeauftragten Dr. Wolfgang Fröhlich und Dieter Sellemann zur Verfügung. Sie sind für das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) als ehrenamtliche Helfer im Monitoring großer Beutegreifer tätig sind und können von Ihnen gerne zu Rate gezogen werden.
Seit den letzten Berichten im Hessenjäger haben dies auch viele Jägerinnen und Jäger getan. Für das Ihnen entgegengebrachte Vertrauen möchten sich unsere beiden Wolfbeauftragten ganz herzlich bei Ihnen bedanken. Herr Sellemann und Herr Dr. Fröhlich sind auch weiterhin für Sie da und freuen sich auf eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit sowie ihre wertvollen Hinweise und Meldungen von Sichtungen großer Beutegreifer in Hessen.
Die Erfahrungen des Niedersächsischen Wolfsmonitoring zeigen ganz klar, dass die Jägerschaft beim Monitoring großer Beutegreifer ein fachkundiger und zuverlässiger Ansprechpartner ist. So stammen in Niedersachsen die Hälfte aller Meldungen eines möglichen Wolfsvorkommen von Personen die eine Jägerprüfung abgelegt haben. Die Meldungen, die sich dann als sichere Wolfsnachweise (C-1 Nachweis) herausstellen, stammen sogar zu 66% von Personen mit einem Jagdschein.
Im Rahmen des Monitorings sind nicht nur vermutete Nutz- und Wildtierrisse wichtige Hinweise sondern auch Aufnahmen von Wildkameras, gesichtete Fährten oder Funde von Losungen. Frische Risse oder der Fund einer frischen Losung bietet zudem die Möglichkeit, den dazugehörigen Wolf durch eine genetische Untersuchung zu identifizieren. So kann festgestellt werden, ob der Wolf bereits bekannt ist, wo er vielleicht zuvor schon mal aufgetaucht ist oder ob er sich in einem bestimmten Gebiet länger aufhält und sich dort eventuell sogar ansiedelt. Insbesondere für die Einstufung eines Gebiets als Wolfsterritorium sind regelmäßige Nachweise eines oder mehrerer bestimmter Tiere sehr wichtig. Nach den internationalen Monitoringstandards ist für die Bestätigung eines Territoriums der Nachweis eines Tieres über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten vorgegeben.
Da die genetische Untersuchungsmethode relativ sensibel gegenüber Störfaktoren ist, ist es wichtig, dass die Proben nicht zu lange der Witterung ausgesetzt sind oder durch andere Tiere bzw. deren genetisches Material verunreinigt werden. Aber auch die Quantität und Qualität der Probe bzw. der daraus erhaltenden DNA entscheidet darüber, welche Erkenntnisse aus den Untersuchungen gezogen werden können. So reicht für die Bestimmung der Art (z.B. Wolf) und des Haplotyps (z.B. HW01 oder HW02) schon geringe Menge an Proben und darin enthaltenden Zellmaterials aus. Das genetische Muster, das für die Art Wolf spezifisch ist, wird von der sogenannten Mitochondrialen DNA (mt-DNA) abgelesen und diese liegt in jeder einzelnen Zelle in bis zu 1000 Kopien vor. Für die Erstellung eines individuellen genetischen Fingerabdrucks und damit der Identifizierung eines bestimmten Wolfes wird eine andere Untersuchungsmethode angewendet. Hier kann nur die DNA aus dem Zellkern verwendet werden. Da diese aber in jeder Zelle nur in zweifacher Kopienzahl vorliegt, ist diese Untersuchung nur möglich, wenn ausreichend Zellmaterial in der Probe vorhanden ist.
Die Unterscheidungen zwischen einer Wolfs- oder einer Hundespur ist für nicht geübte relativ schwierig. Einfacher hingegen ist es bei einer Losung oder einem Riss. Folgende Merkmale können auf einen Wolf hindeuten:
Wolfsrisse:
- Wölfe töten Ihre Beute typischerweise durch einen Kehlbiss.
- Mit ihrer stark ausgeprägten Kiefermuskulatur können sie auch Knochen durchbeißen.
- Die Innereien werden üblicherweise verschmäht und an die Seite geschoben.
Wolfslosung:
- Häufig mitten auf Wegen und an Weggabelungen, oft auch an erhöhten Plätzen.
- Starker Canidengeruch.
- Reste von Knochen und Fell sind gut erkennbar.
Downloads:
Was tun bei Verdacht einem Wolfsriss in Hessen?
Kontakte:
Wolfsbeauftragte des LJV Hessen
Quellenangabe:
Webseite des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG). Übersicht hessische Wolfnachweise 2020, hessische Wolfsnachweise 2008-2019 und Verdachtsfälle 2020. Zuletzt aufgerufen am 06.04.2020. https://www.hlnug.de/themen/naturschutz/tiere-und-pflanzen/arten-melden/wolf
Webseite des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG). Dossier Wolfsmonitoring. https://www.hlnug.de/dossiers/wolfsmonitoring
Webseite der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW). Zuletzt aufgerufen am 02.04.2020. https://www.dbb-wolf.de
Webseite der Landesjägerschaft Niedersachsen zum Thema Wolfsmonitoring. Zuletzt aufgerufen am 02.04.2020. https://www.wolfsmonitoring.com/monitoring/wolfsmonitoring/
Text: Dr. Wolfgang Fröhlich, Dieter Sellemann und Dr. Nadine Stöveken
Abbildung: Dominik Deuster und Dr. Nadine Stöveken (LJV Hessen)