Welche Haftungsrisiken bergen Bewegungsjagden?

Die Drückjagdsaison steht unmittelbar bevor und die Jagdausübungsberechtigten stehen inmitten der Vorbereitung dieser Jagden. Auch aus rechtlicher Sicht gibt es hierbei einiges zu beachten, um im Fall der Fälle nicht in eine Haftung zu geraten.

Am häufigsten ist wohl der Jagdausübungsberechtigte selbst Jagdleiter. Er kann diese Aufgaben aber auch auf einen Dritten übertragen. Bei der Auswahl dieses Dritten sollte er aber nur zuverlässige Mitjäger auswählen, da er sich anderenfalls schon durch ein Auswahlverschulden einen Fehler des Jagdleiters zurechnen lassen muss.

Schon bei der Einladung sollte der Jagdherr der Auswahl seiner Gäste genügend Sorgfalt zukommen lassen. Den Jagdleiter oder auch den Veranstalter einer Jagd kann ein Mitverschulden treffen, wenn er einen bereits als „unzuverlässig“ bekannten Jäger zu einer Gesellschaftsjagd einlädt und an der Jagd teilnehmen lässt, auch wenn dieser im Besitz einer gültigen Jagderlaubnis ist, und dieser einen Jagdunfall verursacht. Insoweit sollten bereits auffällig gewordene „Hitzköpfe“ nicht eingeladen werden.

Bei der Begrüßung erlebt man immer wieder, dass der Jagdscheinkontrolle nicht der Stellenwert beigemessen wird, der ihr eigentlich zukommen sollte. Eine unterlassene oder nur ungenügende Kontrolle kann fatale Folgen haben. Der Jagdleiter haftet nämlich für den Schaden, den der Jagdgast ohne Jagdschein als Schütze anrichtet. Der Jagdleiter hat die Pflicht zu kontrollieren, dass die Jagdgäste im Besitz eines Jagdscheines sind. Stichproben reichen hierzu nicht aus. Die Kenntnis über den Umstand, dass der Jagdgast schon bei anderen Jagden teilgenommen hat, reicht ebenfalls nicht aus (OLG Oldenburg v. 3.10.1978 Az 4 U 12/78). Es bleibt deshalb nur zu empfehlen, sämtliche Jagdgäste zu kontrollieren und diejenigen, die keinen Jagdschein nachweisen können, allenfalls als Zuschauer oder Treiber teilnehmen zu lassen. Klare Ansagen bereits bei der Einladung vermeiden entsprechende Diskussionen vor Ort.

Auf eine Sicherheitseinweisung seitens des Jagdleiters vor der Jagd sollte, auch wenn man eine solche schon zigmal gehört hat, nicht verzichtet werden. Nach einer älteren Entscheidung des OLG Koblenz ist dies lediglich bei sehr erfahrenen Jägern entbehrlich: „Die unterlassene Belehrung über die Einhaltung der Jagdregeln und Sicherheitsvorschriften kann jedenfalls dann nicht als mitursächlich gem. § 254 BGB für einen Unfall bezeichnet werden, wenn es sich bei dem Schützen um einen sehr erfahrenen älteren Jäger und Forstbeamten handelt.“ (OLG Koblenz 29.09.1977 9 U 941/75). Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass eine Belehrung bei nicht so erfahrenen Jägern zu erfolgen hat.

Bereits vor der Jagd sollten Tierhalter, die Vieh oder Pferde in unmittelbarer Nähe des Jagdgebietes halten, auf die Jagd aufmerksam gemacht und gebeten werden, diese zumindest für den Tag der Jagd zu entfernen. Der Veranstalter einer Jagd haftet nach einigen obergerichtlichen Entscheidungen nämlich für den Schocktod eines Pferdes, wenn über die Koppel Jagdhunde gelassen werden und am Rande der Koppel geschossen wird. Ein Jagdherr ist verpflichtet, dem Eigentümer eines benachbarten Tiergeheges oder einem Landwirt, der sein Vieh auf einer Weide in der Nähe der Jagd stehen hat, von einer bevorstehenden Jagd Mitteilung zu machen (OLG Oldenburgvom 05.12.2013 Az.: 14 U 80/13).

Soweit Straßen durch das Jagdgebiet laufen, kann sich der Jagdleiter nicht darauf verlassen, das der Träger der Straßenbaulast für die Sicherung der Straßen sorgt. Das Ergreifen von Maßnahmen zur Verhütung von Gefahren aus der Durchführung einer Drückjagd gegenüber Verkehrsteilnehmern gehört nicht zur Amtspflicht der Straßenverkehrsbehörde (LG Rostock v. 06.09.2002 4 O 176/02). Insofern hat der Jagdleiter entsprechende Vorsorge zu treffen. Zunächst ist anzuraten, die Straße mit entsprechenden Hinweisen zu beschildern, wobei zu berücksichtigen ist, dass es dafür der Genehmigung der zuständigen Straßenverkehrsbehörde bedarf. Aber dies reicht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes allein zur Sicherung des Verkehrs nicht aus. Der Jagdausübungsberechtigte kann nämlich zur Gefahrenabwehr verpflichtet sein, wenn er die Wahrscheinlichkeit von Wildwechsel über eine Straße erhöht, es also zu verantworten hat, dass die Gefahr hieraus steigt, was bei Drückjagden in der Nähe von Straßen naturgemäß der Fall sein wird.

Bei solchen Jagden ist der Jagdausübungsberechtigte dann verpflichtet, das Wild nicht in Richtung einer befahrenen Straße zu treiben, sondern das Treiben möglichst von der Straße wegzuführen. Einem Auswechseln des Wildes nach hinten ist durch möglichst dichte Treiberketten sowie durch Anbringen von Lappen entlang der Straße vorzubeugen. Ferner sind die Verkehrsteilnehmer durch Warnschilder und Warnposten auf die Jagd hinzuweisen (BGH vom10.2.1976 Az.VI ZR 160/1974).

Die Stände sollten vorab auf Sicherheit und Haltbarkeit überprüft worden sein. Hierbei sollte nicht darauf verzichtet werden, sogenannte Schussfeldbegrenzungen einzurichten, damit die übrigen Jagdgäste nicht gefährdet werden. Die Einrichtung von Drückjagdböcken ist hierbei optimal, da sie den Jagdgast nicht dazu verleiten, den Stand selbstständig zu ändern und entsprechenden Kugelfang gewährleisten.

Jagdgästen sollte, egal was passiert, nicht erlaubt werden, den Stand während der Jagd zu verlassen. Dies bleibt in der Regel nur erfahrenen Hundeführern vorbehalten, um den Hunden bei Standlautsituationen zu helfen. Diese müssen sich unbedingt bemerkbar machen, denn ein erhebliches Mitverschulden trifft den Jäger, der sich während der Jagd in das Schussfeld der Mitjäger begibt, ohne dass gewährleistet ist, dass diese ihn wahrgenommen haben. Jedoch trifft auch den Standschützen in solchen Situationen eine große Verantwortung, denn gegenüber dem besonders leichtfertigen Verhalten eines Jagdteilnehmers tritt eine eventuelle Mitverantwortung eines Durchgehschützen, der keine Warnkleidung getragen hat, vollständig zurück.

Diese Ausführungen stellen nur eine kleine Auswahl zu ergangenen Entscheidungen im Zusammenhang mit Drückjagden dar. Im Ergebnis ist dem Jagdveranstalter einer Jagd zu raten, lieber eine Sicherheitsmaßnahme zu viel als eine zu wenig zu ergreifen. Sicherheit bei solchen Jagden muss klar vor Erfolg gehen.

Rechtsanwalt Ullrich Goetjes, Spangenberg, www.kanzlei-gjb.de